Abriss der Geschichte des ESER- Entwicklungszentrums Karl- Marx- Stadt von ELREMA bis Fachgebiet Geräte (1980) (*)

"Haus Robotron", die Wirkungsstätte der Kollegen des ESER- Entwicklungs- Zentrums

Karl Marx- Stadt  im  Kombinat Robotron

 

 

*)Dieser Abriss ist eine stark gekürzte und aktualisierte Fassung des Buches :

"Beiträge zur Betriebsgeschichte des VEB ROBOTRON,

Zentrum für Forschung und Technik-Fachgebiet Geräte Karl-Marx-Stadt"

 

Das Basismaterial  wurde erarbeitet vom

Redaktionskollektiv:  Kurt Drechsel, Alexander Ebert, Dieter Lauterbach, Armin Meißelbach, Manfred Richter I, Anna-Maria Schlötzer, Günter Schubert, Manfred Winkler

Die nachfolgenden Auszüge, einschließlich Überarbeitung und Ergänzungen,  konzentrieren sich vorrangig auf die Geschichte der wissenschaftlich-technischen Arbeiten des Teams des Fachgebietes Geräte Karl-Marx-Stadt im Zeitraum seit Gründung bis ca. 1980 im Verband der VVB DuB und des Kombinats Robotron und zielen auf ein Internet- freundliches Format.

 

 

Inhaltsübersicht

 

Vorwort

Die ersten Jahre.

Im Vorfeld der ersten DDR-Datenverarbeitungsanlagen.

Ein neuer Entwicklungsabschnitt

Regierungsprogramm .der  maschinellen Datenverarbeitung in der DDR ..1964 bis 1970.

Beginn der ESER- Arbeit

Übergang der R400- Konzeption in das ESER.

Etappe der EC 2640 und der intensiven ESER- Arbeit

Die Phase ab 1973/74.

Abkürzungserklärungen.

Bemerkungen zur Zeit 1980-1990.

 

Vorwort

 

Die Werktätigen, die den VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt mit begründeten, die seinen Entwicklungsweg über die Umbildung des volkseigenen wissenschaftlichen Industriebetriebes in das Fachgebiet Geräte des Großforschungszentrums im Kombinat Robotron bis zur Profilierung des Fachgebietes Geräte Karl-Marx-Stadt im VEB Robotron Zentrum für Forschung und Technik des Kombinates Robotron wesentlich mitgestalteten, haben auf den Gebieten der Rechen- und Büromaschinen der DDR ein Stück Geschichte mitgeschrieben.

 

Die ersten Jahre

 

Am 20. Mai 1957 eröffnet Fritz Selbmann, Stellvertreter des Ministerpräsidenten der Regierung der DDR ,  im Gebäude Zwickauer Straße 219 in Karl-Marx-Stadt den Festakt anlässlich der Gründung des VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt. Diesem Festakt war die juristische Gründung dieses Betriebes am 1. 4. 1957 vorausgegangen.

 

    

 

 

Von leitenden Kadern des VEB Büromaschinenwerk Wanderer Continental, wie z. B. dem Werkdirektor Nordwig, und dem Kaufmännischen Direktor Heinrich Gerschler wurden aus den volkswirtschaftlichen Anforderungen und Entwicklungstendenzen bereits frühzeitig Schlußfolgerungen gezogen. 1951 wurden z.B. Kurt Gränitz und weitere Mitarbeiter beauftragt, konstruktive Arbeiten für die Entwicklung von Lochkartengeräten zu beginnen und erste Laborversuche an einer elektronischen Multipliziereinheit mit 3x3 Stellen durchzuführen mit dem Ziel, die getroffenen Entscheidungen und ihre Weiterführung zu bestätigen sowie erste Anforderungen an elektrische und elektronische Bauelemente für dieses neue Anwendungsgebiet auszuarbeiten.

Nach der Zusammenlegung der beiden Buchungsmaschinenwerke Wanderer Continental und Astra in Chemnitz, später Karl-Marx-Stadt, wurden die Entwicklungskapazitäten weiter verstärkt und ab 1955 die Aufgabe gestellt, durch die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse der Elektronik und der Nachrichtentechnik vorhandene mechanische Buchungs- und Lochkartenmaschinen durch elektronische Zusatzeinrichtungen funktionell zu erweitern. Erste Ergebnisse dieser Arbeiten waren funktionstüchtige Muster des Multiplikationsgerätes 8x8 für den Anschluss an Tabelliermaschinen und des Multiplikationsgerätes 6x6 für den Anschluss an Buchungsmaschinen. Gleichzeitig wurden Untersuchungen an elektronischen Bauelementen, an Baugruppen und Einzelteilen durchgeführt zur Ermittlung der Anforderungen für den Einsatz in kommerziellen Geräten. Ergebnisse der Zusammenarbeit mit der Bauelementeindustrie waren Lang- lebensdauer- Röhren und Halbleiterdioden für den Einsatz in der elektronischen Rechentechnik. Dieser Weg, ausgehend von mechanischen Buchungsmaschinen und von elektromechanischen Lochkartenmaschinen über Einzweckzusatzgeräte zur elektronischen Rechentechnik, war eine folgerichtige Weiterentwicklung der im sächsisch-thüringischen Raum konzentrierten Büromaschinenindustrie.

Die 3. Parteikonferenz der SED im März 1956 bestimmte den Platz der DDR und beschloss erste Grundsätze zur Entwicklung der DDR- Wirtschaft  im Rahmen des gesamten  sozialistischen Lagers als "wichtigste Garantie für die weiteren Erfolge der Deutschen Demokratischen Republik."  Mit der Direktive zum zweiten Fünfjahrplanes  orientierte die der DDR auf die Entwicklung einer leistungsfähigen sozialistischen Volkswirtschaft der DDR, entsprechende volkswirtschaftliche Proportionen zu erreichen und jene Industriezweige auf- oder auszubauen, die für die künftige Entwicklung der Volkswirtschaft zunehmendes Gewicht erlangen müssten. Dies waren u.a. die Elektrotechnik, der wissenschaftliche Gerätebau und bestimmte Zweige des Maschinenbaus..

Entsprechend derartiger Orientierungen entwickelten leitende Mitarbeiter  im VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt Vorstellungen zur Beschleunigung der Entwicklung von elektronischen Geräten für Buchungs- und  Lochkartenmaschinen. Zur Konzentration und rationellen Nutzung der Kräfte gab es Vorschläge,  die Entwicklungskapazitäten für die Lochkartentechnik nach Erfurt in den VEB Optima - Büromaschinenwerk zu verlagern und dort weiter auszubauen, während  die für die Buchungsmaschinenindustrie erforderliche Kapazität im VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt  erweitert werden sollte. Die Beschlüsse zur Entwicklung der Wirtschaft der DDR erforderten  jedoch  ein  konsequenteres Vorgehen. Der Stellvertreter des  Ministerpräsidenten, Fritz Selbmann, führte dazu im August 1956 im VEB   Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt eine   Beratung mit einem   Kreis von Wissenschaftlern und Ingenieuren durch, die zu dieser Zeit auf dem Gebiet der elektronischen Rechentechnik arbeiteten. In seiner Ansprache auf  dem  Festakt zur Gründung  des VEB Elektronische Rechenmaschinen [20. 5.1957 ]nannte er auch die Beweggründe : "Dieser ganze Fragenkomplex stand im  vergangenen  Jahr zur  Diskussion. Ich hatte damals, ehe  ich hier nach Karl-Marx-Stadt kam, sehr  ausgiebig mit Walter Ulbricht diskutiert, und wir haben damals uns Klarheit darüber verschafft, dass wir auf diesem Gebiet eine Wendung herbeiführen   müssen, umsomehr, da in den verschiedensten Stellen der Republik sich einfach nun Ansätze entwickelt hatten,  die man koordinieren, zusammenfassen mußte, wenn nicht die Gefahr bestehen sollte, daß ein Teil unserer geistigen Arbeit auf diesem Gebiet falsche Wege ging und volkswirtschaftlich nicht wirksam werden konnte,"

 

           

 

Im Ergebnis dieser Beratung wurde festgelegt, keine Zersplitterung der Kapazitäten zuzulassen, sondern durch Konzentration der Kräfte und Mittel im Raum Karl-Marx-Stadt einen wissenschaftlichen Industriebetrieb zu schaffen auf der Grundlage der hier vorhandenen Potenzen und Erfahrungen in der Entwicklung und Produktion. Ausgehend von der Beratung im August 1956 mit  Fritz Selbmann war damals durch Dr. Kortum vom VEB Carl Zeiß Jena, Prof. N, J, Lehmann von der Technischen Hochschule Dresden und eines Vertreters des VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt ein Dokument zur Errichtung eines "Wissenschaftlichen Industriebetriebes für Rechenmaschinen" ausgearbeitet und an das damalige Ministerium für Allgemeinen Maschinenbau übergeben worden. Auf der Grundlage dieses Dokumentes wurden das  Vorhaben in  den Volkswirtschaftsplan eingeordnet. Im  Februar 1957wurde den Beauftragten des Ministers für den Aufbau des neuen wissenschaftlichen Industriebetriebes - dem späteren ersten Werkleiter, Helmut Wiedmer, ein bilanzierter Vorschlag für die Bildung des neuen Betriebes ab 1. April 1957 an den Minister für Allgemeinen Maschinenbau  eingereicht. Das war eine neue Art eines Betriebes, dessen Aufgaben und Arbeitsweise durch  Fritz Selbmann wie folgt erläutert wurden:

 

1."Koordinierung aller Aufgaben, die sich auf dem Gebiet der elektronischen Rechenmaschinen, Geräte und Anlagen in unserer Republik ergeben;

2.Durchführung eigener Entwicklungs- und  Forschungsarbeiten;

3.Durchführung  eigener Produktions- und technologischer  Arbeiten;

4.Organisation, Prüfung und wissenschaftliche  Erforschung der Organisation des  Einsatzes von Maschinen dieser Fertigung in Industrie und Verwaltung;

5.Ausbildung und Spezialisierung von  Kadern  auf dem Gebiet  von Entwicklung,  Technologie  und   Organisation von Elektronik."

Bis Ende April 1957 war die Belegschaft bereits auf 205 Arbeitskräfte angewachsen mit dem Ziel, bis Ende 1957 einen Stand von 354 Arbeitskräften zu erreichen.

Dieser hohe Zuwachs - etwa auf das Vierfache innerhalb eines Jahres - erforderte ebenso hohe Anstrengungen zur Qualifizierung der neuen Mitarbeiter. Etwa 50 Produktionsarbeiter und Verwaltungskräfte wurden vom VEB Feinstrumpfwerk übernommen und für die neuen Aufgaben qualifiziert. Aus Anlass der Betriebsgründung gab es eine Reihe von Verpflichtungen dieser Werktätigen, in kurzer Zeit den Facharbeiterabschluss für ihre neue Tätigkeit zu erreichen, sowie Verpflichtungen erfahrener Arbeiter und Ingenieure, diesen Werktätigen durch Übermittlung der eigenen Erfahrungen und Kenntnisse dabei zu helfen.

Die neu eingestellten Absolventen von Hoch- und Fachschulen mußten mit den Problemen der Entwicklung elektronischer   Rechentechnik vertraut gemacht werden.Der Strukturvorschlag sah folgende Qualifikations- bzw. Beschäftigungsstruktur vor:

Dipl.-Ingenieure       3,7 %

Ingenieure     14,7 %

Konstrukteure 8,5 %

Zeichner       5,9%

Laboranten    8,2%

Mechaniker    11,3%

Prod.-Arbeiter          12,1 %

Technisches Personal         5,1 %

Verwaltungspersonal 14,7 %

Hilfspersonal  15,3%

Diese Zielstellung konnte bis Jahresende 1957 auch annähernd erreicht werden.

Im Februar 1957 stellten die örtlichen Staatsorgane die Gebäude in der Zwickauer Straße 219 des VEB Feinstrumpfwerk Oberlungwitz, Betriebsteil Karl-Marx-Stadt (ehemals Strumpffabrik Gläser), für unseren Betrieb zur Verfügung. Zu diesen übernommenen Gebäuden gehört auch das unter Denkmalschutz stehende Gebäude an der Straßenfront, der 1812 als Spinnmühle errichtet wurde. Für den Aus- und Umbau des Betriebes wurden durch den Staat 1,5 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, für die Anschaffung themengebundener Grundmittel weitere 750.000 M und für die Durchführung der Forschungs- und Entwicklungsaufgaben 2,5 Millionen  Mark.

 

Mit der Gründung des VEB Elektronische Rechenmaschinen begann gleichzeitig auch die internationale Zusammenarbeit. So wurden erste Reisen in die UdSSR. CSSR und UVR durchgeführt, erste Kontakte mit den Wissenschaftlern und Ingenieuren in Instituten und Betrieben geknüpft. Besonders beeindruckend war für die Beteiligten die Reise in die UdSSR. Nicht nur durch die Fülle neuer Erkenntnisse, die durch Besuche in Instituten und Betrieben für elektronische Rechenanlagen gewonnen werden konnten, z. B. durch die Besichtigung der Serienproduktion des "URAL 1" in Pensa, sondern auch durch unverhoffte Begegnungen mit sowjetischen Genossen, die nach dem Krieg viele Jahre geholfen hatten, die Wirtschaft in der damaligen sowjetischen Besatzungszone wieder aufzubauen. So gab es ein herzliches Wiedersehen des Delegationsleiters Kunze, Leiter der Hauptverwaltung Feinmechanik/ Optik, mit sowjetischen Genossen, die beim Aufbau des Staatsapparates in der DDR uns mit Rat und Tat unterstützt hatten. Ein ebenso herzliches Wiedersehen gab es zwischen dem Chefkonstrukteur des VEB Büromaschinenwerk Sömmerda, Genossen Krüger, und seinem früheren sowjetischen Technischen Direktor aus der Zeit, als das Büromaschinenwerk Sömmerda  SAG-Betrieb war.

Seitdem ist im ständig zunehmenden Umfang die Zusammenarbeit zwischen den sozialistischen Ländern auf dem Gebiet der Rechentechnik gewachsen.

Mit dem schnellen Anwachsen der Belegschaft und den neuartigen Aufgaben eines wissenschaftlichen Industriebetriebes traten auch eine Reihe von Problemen auf, die gemeistert werden mussten. Die planmäßige Arbeit an den Forschungs- und Entwicklungsaufgaben und die Entfaltung des Wettbewerbes wurden durch Ziel-Vorstellungen erschwert, die nicht real waren. Die in der Aufbauphase vorherrschende operative Arbeitsweise musste durch eine planmäßige, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Arbeitsweise ersetzt werden. Beschlüsse von Partei und Regierung zur Vereinfachung des Staatsapparates 1958 im Umfeld des V. Parteitages der SED waren verbunden mit  Maßnahmen  zur Qualifizierung der Leiter, Bildung eines Planungsausschusses, Führen der Plandiskussion, Bildung eines technischen Rates, Durchsetzung der wirtschaftlichen Rechnungsführung.

 

Mit der Bildung der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Büromaschinen Erfurt, zu der auch ELREMA  gehörte, wurde organisatorisch die Grundlagen  geschaffen, eine zielorientiertere Leitung und Planung des ganzen Industriezweiges vorzunehmen, in dem ja ELREMA die oben umrissene Rolle einnehmen sollte.

 

 

 

           

 

Im Juli 1958 tagte  der V. Parteitag der SED. Thema jener Zeit im Betrieb war: "Unser Beitrag zur Lösung der ökonomischen Hauptaufgabe - serienreife Entwicklungen für die Büromaschinenindustrie!"

 

In den Jahren 1958 bis 1960 wurden die auf der Basis von Elektronenröhren entwickelten Geräte in die Produktion übergeleitet. Das waren die Geräte "R 12", ein Multiplikationszusatzgerät für Buchungsmaschinen mit Verteiler zum Anschluss von 3 Buchungsautomaten; das Gerät "ASM 18", ein Multiplikationszusatzgerät für die Lochkartenmaschinen und der Elektronensaldierer "ES 24" für den Anschluss an modifizierte Sortiermaschinen.

Aus der Mechanik-Entwicklung wurde auf der Grundlage der Motorblocklocher-Entwicklung gemeinsam mit dem VEB Büromaschinenwerk Sömmerda der Summenlocher übergeleitet und ebenso ein weiterentwickeltes Modell der Sortiermaschine. In einer Ausführung als Schnellsortiermaschine mit Fachzähler wurden 70 Stück gemeinsam mit dem Produktionsbetrieb gefertigt.

Von einem ersten Messeerfolg des jungen Betriebes wird in der "Volksstimme" ..vom .. 5. März 1959 ..in einem umfangreichen Exklusivinterview der Leipziger Messeredaktion mit dem Werkleiter des VEB Elektronische Rechenmaschinen berichtet. Darin heißt es u.a.:

"In diesem Jahr wird ein Erzeugnis ausgestellt, das nicht nur einen neuen, bisher unbekannten Namen trägt, sondern gleichzeitig auch eine andere Technik für den Rechenvorgang, die Elektronik, anwendet. Unter dem international geschützten Warenzeichen "Robotron R 12" stellt sich ein Gerät vor, das eine breite Anwendung der elektronischen Rechentechnik ermöglicht. Das Gerät konnte dank der Leistungen der Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Arbeiter des VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt noch vor der zweiten Wiederkehr seines Gründungstages entwicklungsmäßig abgeschlossen und dem VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt zur Überleitung in die Fertigung übergeben werden." Dieses Gerät erhielt die höchste damalige  Qualitätseinschätzung,  das  "Prüfzeichen  S".

Im betrachteten Zeitraum wurden auch Vorlaufarbeiten mit Erfolg abgeschlossen, die zu einer qualitativen Veränderung der Entwicklungsziele führten. Auf logisch-funktionellem Gebiet erfolgte der Übergang vom Zählprinzip auf die kombinatorische und sequentielle Logik. Technisch vollzog sich der Übergang von der Elektronenröhre zum Transistor und technologisch von der konventionellen Verdrahtung zur gedruckten Leiterplatte.In der Speichertechnik entstanden erste Muster von Magnettrommelspeichern und erste Forschungsergebnisse für Ferritkernspeicher.

 

Die Arbeiten jener Zeit wurden bereits stark von Facetten  des kalten Krieges beeinflusst. Eine Spielart davon waren Angriffe auf Warenzeichen von Erzeugnissen der DDR-Industrie, die bereits vor 1945 bestanden hatten, um uns als Konkurrenten auf dem Weltmarkt aus dem Felde zu schlagen und wirtschaftlich zu schädigen, elektromechanische Büromaschinen waren auf dem Weltmarkt  durchaus noch ein interessantes Produkt, der breite Vormarsch der Elektronik stand erst noch bevor. Ehemalige Besitzer oder Aktionäre in der BRD gründeten  Scheinfirmen. Lediglich auf die Absichtserklärung hin, die Produktion weiterführen zu wollen, wurden Prozesse gegen unsere junge volkseigene Industrie inszenierte, so z. B. 1956 gegen das Warenzeichen "Astra" des VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt oder gegen die Warenzeichen "Continental" und "Rheinmetall" aus der Büromaschinenindustrie. Es war daher notwendig, die Erzeugnisse des neuen Betriebes durch ein international  anerkanntes Warenzeichen zu schützen.

Aus einem Wettbewerb gingen  Heinrich Gerschler,  Achim Peine und Helmut Hadlich als Sieger hervor mit ihrem Vorschlag "robotron" als Wortbildzeichen im Wimpel mit kreisendem Elektron. Weitere Vorschläge waren Memotron, Calcutron und als  Bildzeichen ein Roboterkopf. Diese Warenzeichen wurden alle international angemeldet, auf die letzteren wurde zwischenzeitlich weitestgehend verzichtet. Das Warenzeichen "robotron" ( Details) wurde in den Jahren 1958 bis 1961 in ca. 50 Ländern der Erde hinterlegt und in den späteren Jahren durch Nachanmeldungen ergänzt.

 

 

 

Für die Realisierung der auf dem V. Parteitag beschlossenen Aufgaben war in der Gesamtwirtschaft der DDR ein längerer Zeitraum erforderlich. Die Planziele für 1959 und 1960 wurden erhöht und Kontrollziffern für die Ausarbeitung eines Siebenjahrplanes für die Jahre 1956 bis 1962 festgelegt.

Diese hohen volkswirtschaftlichen Zielstellungen, verbunden mit der Herausbildung der VVB als eine nach der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeitende Industriezweigleitung und der ständigen Vervollkommnung der zentralen staatlichen Leitung und Planung der Volkswirtschaft der DDR führten zu völlig neuen Aspekten für die Rationalisierung von Verwaltungsarbeiten. Die daraus abgeleiteten betrieblichen Zielstellungen wurden Anfang November 1958, auf der Grundlage einer Plandirektive der VVB, in der Werkleitung beraten. (In dieser Beratung wurde  Heinrich Gerschler zunächst kommissarisch als neuer Werkleiter eingesetzt.) Bei der Ausarbeitung des Perspektivplanes gab es erste Auseinandersetzungen über die einzuschlagende Richtung. Auseinandersetzungen, wie sie noch über Jahre geführt wurden, bis sich das Neue, das sich zu dieser Zeit abzeichnete, in der Praxis bewährt und durchgesetzt hatte. Ausgangspunkt dieser   Auseinandersetzungen  war die Tatsache, dass  in der Büromaschinen- Industrie erfahrene Organisatoren vorhanden waren, die auf dem Gebiet des Einsatzes der traditionellen mechanischen Büromaschinen und der damit zu rationalisierenden Verwaltungsarbeiten große praktische Erfahrungen besaßen, aber die neuen Möglichkeiten der elektronischen Rechentechnik noch nicht erkannten. Das junge Kollektiv des Betriebes bestand vorwiegend aus Mitarbeitern, die das technische Gebiet der elektronischen Rechentechnik beherrschten, aber keine Vorstellung besaßen, wie diese neuen Möglichkeiten in den organisatorischen Ablauf der zu lösenden Aufgaben einzuordnen waren. Die einen wollten bewährte Organisationsabläufe und Büromaschinen bestehen lassen und durch neue Ergänzungen und Erweiterungen vervollkommnen. Die anderen wollten völlig neue Geräte schaffen, ohne angeben zu können, wie sich damit auch der Organisationsablauf beim Einsatz verändern muß. Diese Auseinandersetzungen waren gewissermaßen die Geburtswehen des späteren EDV-Organisators.

 

Im Vorfeld der ersten DDR-Datenverarbeitungsanlagen

 

Erste Entwicklungen, in denen Ergebnisse der Vorlaufarbeiten für den Einsatz von Transistoren und von Magnet­trommelspeichern wirksam wurden, waren der programmierbare Vierspeziesrechner "PVR", der später unter der Be­zeichnung "SER 2a" in Zella-Mehlis von der damaligen Mercedes AG i. V, produziert wurde, und der Lochkartenrechner, der später als "R 100" in Saalfeld produziert wurde. Diese beiden Rechner waren die ersten volltransistorisierten, programmgesteuerten Rechner der DDR für die Lösung von Aufgaben in Verwaltung, Wissenschaft und Technik, die in größeren Stückzahlen produziert und eingesetzt wurden.

Außer den Arbeiten, die auf die Entwicklung produktionsreifer Geräte gerichtet waren, wurden gleichzeitig Vorlaufarbeiten durchgeführt mit dem Ziel, für künftige Geräteentwicklungen neue Lösungen und technisch-technologische Verfahren zu entwickeln. Einige dieser Arbeiten sollen hier als Beispiel erwähnt werden:

Auf der Grundlage von Versuchen an der damaligen Technischen Hochschule Dresden wurden ab 1956 Entwicklungen zur Aufbringung von Magnetit- Schichten auf Speichertrommeln begonnen. Ab 1961 wurde dieses Verfahren produktionswirksam. Gleichzeitig wurden Arbeiten durchgeführt für die Herstellung von magnetischen Speicherschichten auf Nickel- Kobalt-Basis. Damit konnte eine Verbesserung des Nutzstörspannungsverhältnisses um eine Größenordnung und eine erhebliche Erhöhung der Fertigungsausbeute gegenüber der Magnetitbeschichtung erreicht werden. Anfang der 60er Jahre wurde dieses Verfahren in die Fertigung übergeleitet. Seit diesem Zeitpunkt wurden alle Speichertrommeln in der DDR damit beschichtet. Entscheidenden Anteil hatten Mitarbeiter des Betriebes bei der Entwicklung und Produktionsüberleitung von Ferritkernspeichern. Ausgehend von den Erfahrungen sowjetischer Entwicklungen auf diesem Gebiet, die 1957 anlässlich einer Reise in Moskau studiert wurden auf der Grundlage der uns übergebenen Unterlagen, wurden 1959 im VEB Keramische Werke Hermsdorf erste Versuche zur Herstellung von Ferritspeicherkernen begonnen. Durch Mitarbeiter unseres Betriebes wurden für dieses Vorhaben die erforderlichen Mess- und Prüfverfahren entwickelt und mehrere Meßplätze mit automatisierter Zuführung der Prüflinge für die Produktionsaufnahme der Ferritspeicherkerne gefertigt. Weitere  Arbeiten  waren  z. B. die  Entwicklung eines Verfahrens zum Durchkontaktieren von Leiterplatten als Voraussetzung für den Übergang von Einebenen- zu Zweiebenen-Leiterplatten sowie die erstmalige Anwendung eines festverdrahteten Mikroprogrammspeichers in der elektronischen Buchungsmaschine.

 

1960/1961 verschärften sich die politischen Spannungen des kalten Krieges , an der deutschen Grenze wurde das besonders spürbar. Die Führungen der DDR und UdSSR beschlossen 1961 die Errichtung der Berliner Mauer.

Diese Ereignisse wirkten sich besonders in den Jahren 1960 bis 1962 auch auf die Entwicklungen des Betriebes aus. Die junge Halbleiterindustrie der Republik konnte noch nicht allen Anforderungen der Rechentechnik gerecht werden. Die Embargopolitik und die Störtätigkeit der Monopole der BRD ließen Übergangsimporte nicht zu. Zur Vermeidung von Arbeitsrückständen wurden vom Außenhandel die kapitalistische Konkurrenz nutzend - Übergangsimporte aus Japan realisiert.

Gleichzeitig wurden die Entwicklungsarbeiten für die Ablösung aus eigener Produktion durch die Halbleiterindustrie beschleunigt. Im Betrieb selbst wurden vieldiskutierte Versuche unternommen, Transistoren "therapeutisch" zu behandeln. (Im Volksmund "Transistorenkochen".) Außerdem wurden Transistoren einer "Abhärtung" in freier Karl-Marx-Städter Industrieluft unterzogen mit dem Effekt, dass danach nur noch wenige Exemplare funktionierten.

Das generelle Problem der Herstellung einsatzfähiger Halbleiterelemente konnte nur durch die Halbleiterindustrie unserer Republik gelöst werden, mit Erfolg.

Der programmierbare Vierspeziesrechner "SER 2a" wurde als erstes volltransistorisiertes Gerät mit Transistoren aus der DDR-Produktion und einem Magnettrommelspeicher in den Jahren 1961 bis 1962 mit je einer Kleinserie im Betrieb gefertigt und parallel dazu in die Fertigung nach Zella-Mehlis übergeleitet.  Das transistorisierte Multiplikationsgerät "TM 20" für Buchungsmaschinen wurde 1963 in den VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt   übergeleitet.

Im gleichen Jahr wurde ein weiteres Zusatzgerät für Buchungsmaschinen für den automatischen Saldenvortrag "TS 36" übergeleitet. Diese beiden elektronischen Zusatzgeräte haben die Buchungstechnik wesentlich vervollkommnet und einen  Gesamtumsatz von nahezu 90 Millionen Mark für den Produktionsbetrieb erbracht.

Die gesammelten Erfahrungen, der Einsatz qualifizierter Kader, insbesondere von Mathematikern im Logikentwurf, und die sich entwickelnde Zusammenarbeit zwischen den Geräteentwicklern und den Organisatoren für den Einsatz der Geräte führten zur Konzeption des Lochkartenrechners "R 100". Bei diesem Gerät kam es erstmalig auch zu einer Zusammenarbeit zwischen den Lochkarten- Gerätekonstrukteuren, die aus der Kartendoppler- Entwicklung das Ein-/Ausgabegerät konstruierten, den Elektronik- Entwicklern, die sich auf die parallele Lochkarten-Ein/Ausgabe einstellen mussten, und den Organisatoren, die von den in der Praxis zu lösenden Aufgaben ausgehend die Anforderungen an das Gerät formulierten. Bei der Entwicklung der genannten Geräte bildeten sich Kollektive heraus, aus deren Reihen die Kader hervorgingen, die in den späteren Jahren die Entwicklung der Rechentechnik maßgeblich beeinflussten. Das waren z. B. Günter Laskowski und Walter Kasper beim "SER 2a", Lothar Fischer, Karl Lang und Günter Schubert beim "R 100" und  Manfred Richter und Heinz Tottewitz beim "TM 20" und "TS 36".

In den Zeitraum von 1959 bis 1961 fallen schließlich die ersten Voruntersuchungen zu einer integrierten Datenverarbeitung im kommerziellen Anwendungsbereich und zu einer entsprechenden elektronischen Datenverarbeitungsanlage, der späteren "Robotron 300"

 

Ein neuer Entwicklungsabschnitt

 

In den Jahren 1961 bis 1962 wurden entsprechend der Tendenzen der Rationalisierung der Wirtschaft  Studien erarbeitet mit dem Ziel, die Möglichkeiten der elektronischen Rechentechnik umfassender und effektiver als bisher für die Rationalisierung der Verwaltungsarbeit zu nutzen. Das waren Vorstellungen, durch Kombination verschiedener neuer Geräte, wie Ferritkernspeicher, Magnetbandspeicher, Schnelldrucker und neue Lochkartengeräte, eine Anlage zu schaffen, die im Verhältnis zu den herkömmlichen Lochkartenanlagen einen qualitativen Fortschritt bedeutete.

 

Im Januar 1963 fand der VI. Parteitag der SED satt, ein prägendes Ereignis im Leben der Gesellschaft.

Die Aufgaben des Industriezweiges Büromaschinen wurden im "Beschluss des VI. Parteitages der SED über die Aufgaben in der Industrie, im Bauwesen sowie im Transport- und Nachrichtenwesen"  formuliert. Neben weiteren Schwerpunkten wurde im Beschluss aufgeführt:

"Entwicklung elektrischer und elektronischer Bauelemente und Geräte höchster Qualität, Betriebssicherheit und Lebensdauer sowie moderner elektronischer Meß- und Prüfgeräte sowie Datenverarbeitungsanlagen."

An anderer Stelle des Beschlusses wurde die große Bedeutung der Entwicklung von elektronischen, transistorisierten Datenverarbeitungsanlagen hervorgehoben. Die Notwendigkeit und Realität dieser Zielstellung ergab sich aus vielen verschiedenen objektiven Tatsachen.

 

Das Projekt "Robotron 300" stand in dieser Phase im Mittelpunkt der Arbeit bei ELREMA. Maßgeblichen Anteil an Konzipierung und Entwicklung der "Robotron 300" hatten u. a. Kurt Ahner, Hans-Joachim Breyer, Kurt Gränitz, Rolf Kutschbach, Günter Laskowski, Johannes Schlüter, Christoph Weber und Manfred Winkler .Begonnen hatte dieser Weg  1960 damit , die bestehenden unterschiedlichen Standpunkte der Büromaschinenorganisatoren und Elektroniker dadurch anzunähern, dass  Rolf Kutschbach und Manfred Winkler aus dem technischen Bereich in die Organisationsabteilung umgesetzt wurden und mit Kurt Ahner ein Kollektiv bildeten mit dem Ziel, Nachfolgeentwicklungen für die laufenden Geräteentwicklungen vorzubereiten. Durch Auswertung vorhandener Erfahrungen und Forschungsergebnisse, durch Studium des Weltstandes, durch Ausarbeitung von Organisationsprojekten und hypothetisch angenommenen Geräten und Anlagen, durch Beratung mit Wissenschaftlern von Hochschulen wurden schrittweise die Leistungsparameter einer zu entwickelnden Anlage und die Konzeption für ihre Realisierung erarbeitet.

 

Die Realisierung der Aufgabenstellungen des Ministerratsbeschlusses stellte hohe Anforderungen an unsere Kollektive. Das betraf nicht nur die Durchführung der eigenen Entwicklungsarbeiten, sondern auch die Formulierung der Aufgabenstellung und Anleitung der in den Prozess neu einbezogenen Kollektive in anderen Betrieben.

So wurde ab 1. 1. 1966 der VEB Rafena Radeberg der VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen zugeordnet mit der Festlegung, dass die Produktion von Fernsehgeräten ausläuft und die Produktion der elektronischen Geräte für die EDVA "Robotron 300" übernommen  wird. Der VEB Carl Zeiß Jena erhielt ein zusätzliches Werk in Gera zugeordnet für die Entwicklung und Produktion von Magnetspeichern. Der VEB Keramische Werke Hermsdorf übernahm in einem neuen Betriebsteil in Saalfeld die Entwicklung und Produktion von Ferritkernspeicherblöcken. Im VEB Bürotechnik erfolgte eine wesentliche Zuführung von Arbeitskräften und Investitionen für den Aufbau von Schulungskapazitäten für die späteren Anwender der EDV und zum Aufbau des Kundendienstes. Das mit den zur Verfügung gestellten Fonds geschaffene Schulungszentrum bildete eine wesentliche Voraussetzung zur Bewältigung der für die rationelle und effektive Anwendung der EDV erforderlichen Bildungsmaßnahmen.

Neue Leitungsformen entstanden, z. B. der Kooperationsverband "Robotron   300" unter Verantwortung des VEB RAFENA Radeberg mit insgesamt 22 Betrieben, von Teilproduzenten bis hin zum Außenhandelsbetrieb.

So konnten die vielfältigen und komplizierten Fragen der Entwicklung, Produktion und des Einsatzes der Anlage erfolgreich geklärt werden. Volkswirtschaftlich bedeutsam wurde das Entwicklungsergebnis sowohl durch technische Neuerungen  insbesondere Ferritkern- und Magnetbandspeicher, als auch durch die im Einsatz erzielten Effekte in Rechenzentren und Industriebetrieben.

Ein harter Kampf um die Einhaltung der Plantermine begleitete  alle beteiligten Entwicklungsstellen. Um das Gesamtvorhaben "Robotron 300" zu sichern, mussten an einigen Stellen Ubergangsimporte durchgeführt werden. Gleichzeitig wurden erste Schritte der internationalen Arbeitsteilung im RGW realisiert, z. B. durch Einsatz von Lochbandlesern und Magnettrommelspeichern aus der Volksrepublik Polen.

Durch die Anstrengungen der an dieser Aufgabe beteiligten Kollektive konnte der erfolgreiche Abschluss der Funktionsmustererprobung mit Bestätigung der Entwicklungsstufe K 5 in der Verteidigung im Juli 1966 durch den Generaldirektor der VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen bestätigt werden. Gleichzeitig mussten auch die Probleme der Produktionsüberleitung  gemeistert werden.Dazu war es erforderlich, zur Sicherung der ersten 5 Fertigungsmuster die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsingenieuren und Produktionsarbeitern in Karl-Marx-Stadt und Radeberg zu organisieren.

 

Für ihre Verdienste bei der Entwicklung und Überleitung der EDVA „Robotron 300" wurden  folgende Mitarbeiter aus dem VEB Elektronische Rechenmaschinen mit dem Orden „Banner der Arbeit" ausgezeichnet: Günter Bezold, Heinrich Gerschler, Rolf Kutschbach,Günter Laskowski, Hans-Peter Moreth und  Manfred Winkler.

 

     

 

links :Walter Ulbricht und Begleitung erhalten durch unseren Komplexverantwortlichen Günter Bezold (links v. W. ULbricht )  Erläuterungen zur Bedeutung eines Paralleldruckes des Büromaschinewerkes Sömmerda. Links davon Dr. Merkel, rechts außen Rolf Kutschbach) 

rechts: Auf der Interorgtechnika 1966 Moskau wird erstmals die EDVA Robotron 300 der Öffentlichkeit präsentiert. Hohe Wertschätzung erfolgte durch Besuch des Generalsekretärs der KPdSU, L. I. Breschnew ( links vorn Dr. Gerhard Merkel, damals Stellvertreter des Ministers E/E)      

 

 

Regierungsprogramm der  maschinellen Datenverarbeitung in der DDR ..1964 bis 1970.

 

Der VI. Parteitag hatte darauf orientiert, in der DDR die wissenschaftlich-technische Revolution organisch mit den Vorzügen des Sozialismus zu verbinden. Die materiell-technische Basis der DDR war wesentlich gewachsen, die politische Lage mit einer gesicherten Staatsgrenze stabiler. Auf dem Gebiet der Elektronik und Datenverarbeitung wurde ein  umfassendes Programm für die Entwicklung, Einführung und Durchsetzung der elektronischen Datenverarbeitung in der DDR  ausgearbeitet und beschlossen. Am 3. Juli 1964 beschloss der Ministerrat der DDR das

"Programm von Maßnahmen zur Entwicklung, Einführung und Durchsetzung der maschinellen Datenverarbeitung in der DDR in den Jahren 1964 bis 1970."

In diesem Beschluss wurden umfangreiche Festlegungen getroffen für die mit der Anwendung zu erreichenden Ziele und die Aufgaben der staatlichen Leitung. Er legte Grundsätze fest für den wissenschaftlichen Vorlauf, den Aufbau eines Netzes von Rechenstationen und die Ausbildung und den Einsatz von Arbeitskräften und wissenschaftlichen Kadern.

Schwerpunkte der mit der Anwendung der Rechentechnik und elektronischen Datenverarbeitung zu erreichenden volkswirtschaftlichen Zielstellungen dieses Beschlusses waren:

  • Die komplizierten, vielfältig verflochtenen Informationen über den Ablauf des Reproduktionsprozesses so aufzu- bereiten, dass kurzfristige, einwandfreie, vorwärtsweisende, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Entscheidungen durch die Leitungsorgane getroffen werden  können.

  • Aufbau einer einheitlichen und mechanisierten Primärdatenerfassung in den Betrieben, Einrichtungen und Finanzorganen sowie schrittweise Mechanisierung aller massenhaft auftretenden Rechenarbeiten.

  • Verkürzung der Entwicklungszeiten durch Einsatz der Rechentechnik bei Projektierungs-   und   Konstruktionsarbeiten sowie bei der Anfertigung technologischer Unterlagen.

  • Grundsätzliche Erhöhung des technischen und ökonomischen Niveaus der Automatisierung der Fertigungsprozesse und Verfahren in der Industrie mit  Hilfe der  Rechentechnik.

  • Vorrangiger Einsatz der Rechentechnik zur Erhöhung des wissenschaftlich­technischen Niveaus und zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit unserer Industrieerzeugnisse.

 Bei der konkreten Verwirklichung dieses Programms wurde in den Jahren 1964 bis 1970 ein großzügiger Ausbau unserer Entwicklungskapazität vorgenommen. So erhielten wir über 400% mehr finanzielle Mittel für den Bereich Forschung und Entwicklung. Die Anzahl der Beschäftigten stieg von 520 auf 1360 Mitarbeiter, 1965 erfolgte die Eingliederung des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums (WTZ) der damaligen VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen.

 

Die Anzahl der Hoch- und Fachschulkader stieg von 202 auf 662. Es wurde ein spezieller Industrietarif eingeführt, 580 Werktätige erhielten eine Neubauwohnung. Unser sozialistischer Staat stellte über 40 Millionen Mark für den Neubau eines Forschungszentrums (das heutige "Haus Robotron" im Stadtzentrum von Karl-Marx-Stadt; "Block 88" ) zur Verfügung. Damit konnte die unsägliche Zersplitterung in 13 Außenstellen überwunden  werden.

 

 

           

Schlüsselübergabe an  Robotron Generaldirektor Siegfried  Zugehör           

 

Das neue Haus "Robotron" im Zentrum von Karl- Marx- Stadt

 

Im Ergebnis dieser staatlichen Förderungsmaßnahmen fand in den Jahren 1964 bis 1970 eine stürmische Entwicklung der Potenzen und der Kraft unserer Kollektive statt, die zu einem bedeutenden Anwachsen des Leistungsvermögens führte, aber nicht konfliktlos verlief.

 

Gleichzeitig mit der Entwicklung der EDVA "Robotron 300" wurden im Betrieb Entwicklungen für die Büromaschinenindustrie durchgeführt. So erfolgte gemeinsam mit dem VEB Büromaschinenwerk Sömmerda die Entwicklung einer elektronischen Fakturiermaschine und gemeinsam mit dem VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt die Entwicklung einer elektronischen Buchungsmaschine.

 

In den Jahren 1965 bis 1966 wurden Vorlaufarbeiten begonnen, und es entstanden Konzeptionen, wie es sowohl bei elektronischen Datenverarbeitungsanlagen als auch auf dem Gebiet der Datenerfassung und -aufbereitung weitergehen  sollte. Der Beginn der Produktionsüberleitung der elektronischen Datenverarbeitungsanlage "Robotron 300" lag am Anfang des Fünfjahrplanzeitraumes 1966 bis 1970, einem Planjahrfünft mit hohem volkswirtschaftlichen Wachstum. Nicht nur in der Büromaschinenindustrie wurden große Veränderungen durch Ministerratsbeschlüsse eingeleitet, sondern auch in vielen anderen Industriezweigen waren hohe Zuwachsraten geplant. Die zunehmende Arbeitsteilung und Verflechtung der volkswirtschaftlichen Prozesse, der wachsende Umfang der Volkswirtschaft, die vielfältigere internationale Spezialisierung und Kooperation sowie die komplizierter werdenden Außenwirtschaftsbeziehungen konnten nicht länger von einem einzigen, für alle Bereiche der Industrie zuständigen, zentralen wirtschaftsleitenden Organ bewältigt werden. Im  Dezember 1965 wurde daher der  Volkswirtschaftsrat aufgelöst und Ministerien der Industriebereiche zu bilden. Seit Januar 1966 waren sie als zentrale Organe des Ministerrates dafür verantwortlich, in ihren Bereichen sachkundiger und damit wirksamer zu leiten und zu planen. Die Vereinigungen Volkseigener Betriebe wurden aus Verwaltungsorganen in ökonomische Führungsorgane ihres Industriezweiges umzuwandeln, die die Prinzipien der wirtschaftlichen Rechnungsführung anzuwenden hatten und auch die materielle Interessiertheit der Werktätigen konsequenter nutzen sollten.  Die Eigenverantwortlichkeit der Produktionsbetriebe für den gesamten Reproduktionsprozess war zu  erhöhen.

 

Die intensiven Arbeiten zeigten Erfolge. Auf dem Gebiet der Datenverarbeitung wurde das z. B. dadurch deutlich, dass eine Reihe von internationalen Konzernen der Büromaschinenindustrie plötzlich mit uns Handelsbeziehungen anknüpfen wollten. Der USA-Konzern IBM  hatte seine "Ostvertretung" aus der BRD nach Wien verlegt und war im Frühjahr 1966 zu der in Prag durchgeführten Computerausstellung mit der Zielstellung gekommen, in den nächsten Jahren 200 Stück EDV-Anlagen der Serie 1400 in die RGW-Staaten zu verkaufen. Aufgrund der erfolgreichen Entwicklung einer eigenen elektronischen Datenverarbeitungsanlage mit gleichen Gebrauchswerteigenschaften war die DDR-Wirtschaft  in der Lage, dieses  Angebot abzulehnen.

Trotzdem  hatte die gezielte Embargopolitik der westlichen Länder auf diesem speziellen Gebiet zu dieser Zeit bereits einen zunehmend stärkeren Einfluss auf die Lösung wissenschaftlich-technischer Probleme.  Der in den folgenden Jahren durchgeführte Import einiger moderner elektronischer Datenverarbeitungsanlagen aus England und den USA war ein Erfolg im Kampf gegen imperialistische Handelsrestriktionen, um Embargohürden zu umgehen und Erkenntnisse für die  eigene Arbeiten zu sammeln.

Um den Weg der EDVA- Entwicklung erfolgreich weiter beschreiten zu können, mussten die bei der "Robotron 300"-Entwicklung gesammelten Erfahrungen, die gewachsenen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten und die neuen technischen Möglichkeiten, insbesondere auf dem Gebiet der integrierten Schaltungstechnik, schnellstens in einer Nachfolgeentwicklung produktionswirksam werden. Dem internationalen Trend folgend war im Betrieb ein Familienkonzept mit der Arbeitsbezeichnung "Robotron 400" entstanden. Dieses Konzept lehnte sich eng an das Systemkonzept /360 der Firma IBM an und erforderte neue Arbeitsrichtungen, die bisher nur in Ansätzen vorhanden waren. Die wichtigsten Merkmale des Familienkonzeptes waren:

  • eine Palette von verschiedenen  Zentraleinheiten, Peripheriegeräten und Betriebssystemen;

  • die leistungsmäßige Abgestuftheit dieser Systembestandteile;

  • die funktioneile Verträglichkeit  (Kompatibilität)  zwischen den Systembestandteilen.

Auf diese Weise lassen sich räumlich und zeitlich differenziert die Systemkomponenten entwickeln und produzieren sowie beim Anwender die seinen Bedürfnissen entsprechenden Konfigurationen eines Modells zusammenstellen.

[Wie die Öffentlichkeit dann 2008 auch in Buchform erfuhr, war dafür auch geeignetes Material der Firma IBM nutzbar]

 

Eine der neuen Arbeitsrichtungen war die Entwicklung von Betriebssystemen, eine grundlegende Säule der Entwicklung moderner elektronischer Datenverarbeitungsanlagen, wodurch die Effektivität der Anwendung neuer technischer Möglichkeiten in den Rechenzentren entscheidend beeinflusst wird. In kurzer Zeit musste die kleine Kapazität weniger Erfahrungsträger durch Zuführung von Absolventen und Kadern aus anderen Industriezweigen zu einem leistungsfähigen Kollektiv entwickelt werden. Unter Leitung von  Walter Münch erfolgte die Formierung dieses Kollektivs

ab 1965 in der damaligen Außenstelle Erdmannsdorf.

Dabei wurden komplizierte wissenschaftlich-technische Probleme gelöst: Die Qualifizierung des Kollektivs, die Schaffung und Durchsetzung neuartiger Entwicklungsmethoden, die Ausarbeitung von Betriebssystemlösungen für unsere Volkswirtschaft im Angesicht der weit fortgeschrittenen Ergebnisse und Erfahrungen führender kapitalistischer Firmen auf diesem Gebiet und insbesondere die ständig wachsende Zusammenarbeit mit Partnern in anderen RGW-Staaten. Es konnten damit später solche wesentlichen Aufgaben für das ESER und die DDR-Volkswirtschaft, wie die Entwicklung des Betriebssystems DOS/ES ab 1969 und des Betriebssystems OS/ES ab 1970 in Angriff genommen und auch erfolgreich gelöst werden.

Eine weitere neue Arbeitsrichtung war der Einsatz von elektronischen Daten- Verarbeitungsanlagen für die Entwicklung von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen selbst . Auch hier war, ausgehend von ersten Versuchen der Simulation von logisch-funktionellen Schaltungskomplexen und der maschinellen Unterlagenaufbereitung bei der Entwicklung der EDVA "Robotron 300", eine wesentliche Erweiterung der Kapazität erforderlich. Zahlreiche Teilsysteme - von der Entwurfserfassung, -Simulation und -Überleitung über die Baugruppenbearbeitung bis hin zum Änderungsdienst und zu Reparaturmaßnahmen - waren in den Folgejahren zu projektieren und zu programmieren. Ihre Nutzung im Entwicklungs­prozeß sehr großer Schaltkomplexe wie einer Zentraleinheit ist mehr als nur ein Rationalisierungserfordernis, sie ist unabdingbar für das Gelingen einer Entwicklung überhaupt. Bei der Schaffung dieser verfahrenstechnischen Mittel haben sich vor allem die Dieter Devid'e, Jürgen Gerlach und Wolfgang Häcker verdient gemacht. In der Anfangsphase (ab 1965- die Entwicklung der "Robotron 300" war noch nicht abgeschlossen ) diente eine Importanlage als technische Basis für die Abarbeitung der Programme. In technisch-technologischer Hinsicht waren durch die Kooperationspartner, insbesondere die Bauelementeindustrie, entscheidende Probleme zu lösen, wie z. B. die Entwicklung und Produktion von TTL-Schaltkreisen und Mehrebenenleiterplatten, um nur zwei der wesentlichsten Aufgaben zu nennen.

Da einige dieser Probleme nicht so kurzfristig wie von uns gewünscht lösbar waren, wurde in der ersten Zentraleinheit der neuen Konzeption die vom VEB Keramische Werke Hermsdorf entwickelte Mikromodultechnik KME-3 eingesetzt. Damit wurde die Entwicklung und Produktion der Zentraleinheit  "Robotron  21"  realisiert.  Das war wohl auch ein Versuch, wie auch bei IBM praktiziert, die Mikromodultechnik zu nutzen , solange vollintegrierte TTL- Schaltkreise nicht verfügbar waren, allerdings verursachten  die Qualitätsprobleme der KME-3 Technik in der Fertigung und Anwnedung außerordentlich empfindliche Qualitäts- Probleme. 

Aber nicht nur auf dem Gebiet der mittleren elektronischen Datenverarbeitungsanlagen wurde im Betrieb gearbeitet. Der hohe Fortschritt in der Halbleitertechnik ermöglichte auch in der traditionellen Buchungsmaschinentechnik den wirtschaftlichen Übergang auf vollelektronische Lösungen. Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen wurde eine Konzeption für ein "Einheitliches Maschinensystem der Datenerfassung und -aufbereitung" (EMSDEA) mit der Arbeitsbezeichnung "Robotron 1000" entwickelt. Das Ziel bestand 1965 darin, ein zur Datenverarbeitung analoges Familienkonzept für ein Gerätesystem der dezentralen Erfassung und Aufbereitung von Daten zu schaffen. Nach dieser Konzeption entstanden nicht nur Geräteentwicklungen im Betrieb, wie z. B. die einheitliche Zentraleinheit "EZE" in Form von Einbau- Baugruppen. Diese Konzeption bestimmte auch weitestgehend die Entwicklungen in den Buchungsmaschinenwerken des Industriezweiges.Zu den Schöpfern von "EMSDEA" gehörten Rudolf Bilek, Walter Kasper und Günter Schubert.

Das EMSDEA - Konzept erwies sich als sehr weitsichtig gedacht, wie es die organisatorische Konzeption des "Datenerfassungs-Kommunikations- und Kleinrechnersystems" (DEKK) ein Dutzend Jahre später zeigte.

EMSDEA konnte jedoch sowohl aus technischen Gründen als auch unter den leitungsorganisatorischen Bedingungen der damaligen VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen nicht umfassend durchgesetzt werden. Die Kapazitäten und die Befugnisse in unserem Betrieb reichten hierfür bei weitem nicht aus.

 

Die ersten Schritte zur Realisierung der Konzeption "Robotron 400", die auf das Erfüllen herangereifter volkswirtschaftlicher Erfordernisse gerichtet war, führten immer mehr zu der Erkenntnis, dass mit den volkswirtschaftlich dafür einsetzbaren Ressourcen der DDR der Gesamtumfang der Aufgaben nicht im erforderlichen Tempo realisiert werden konnte. Ähnliche Erfordernisse und Einschätzungen reiften auch in anderen Ländern des RGW heran.

Die Aufgaben der Rationalisierung der Produktion, ihrer rationellen Vorbereitung und Leitung, der Beherrschung neuer Prozesse in der Leitung und Planung der Volkswirtschaft sowie solcher in Wissenschaft und Technik standen im Interesse des weiteren Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft vor jedem Land der sozialistischen Gemeinschaft. Der Einsatz moderner Rechentechnik in allen Zweigen der Volkswirtschaften war herangereift. In jedem dieser Länder gab es andere Ausgangspositionen, um diese neue Aufgabe zu lösen. Die UdSSR produzierte z. B. die Anlagen "URAL", "MINSK" und "BESM", die DDR die Anlage "Robotron 300", die CSSR Lochkartentechnik und die VR Polen die ODRA-Serie und ZAM-Anlagen. Bulgarien und Ungarn besaßen noch keine Tradition auf dem Gebiet der Rechentechnik.

In den entwickelten imperialistischen Ländern gab es die verschiedenste Rechentechnik, wie das IBM System /360, die Systeme ICT 1900, Siemens 4000, Bull Gamma, CDC, NCR und andere mehr.

Die Haltungen der USA, Großbritanniens, der BRD oder Frankreichs zur Lieferung moderner Rechentechnik an die sozialistischen Länder waren von einer koordinierten Embargopolitik geprägt. Es wurden und werden auch heute nicht die leistungsfähigsten und modernsten Anlagen geliefert. Für entscheidende Anlagenteile wurden begrenzte Leistungsparameter durch die USA-Regierung festgelegt, die den sozialistischen und den Entwicklungsländern einen technologischen Rückstand bringen sollen. In jedes Land wurden andere Anlagentypen geliefert, um einen Ausgangspunkt für Differenzen, zumindest auf Teilgebieten der Wirtschaft, zwischen den sozialistischen Ländern zu schaffen. Ersatzteile und Zubehör wurden geliefert, wenn sie den höchsten Gewinn brachten und nicht dann, wenn sie am dringendsten benötigt wurden.

 

Von solchen Einflüssen abhängig zu sein war keine taugliche Wirtschaftsstrategie. Die Aufgabe der sozialistischen Länder konnte nur sein, auf der Grundlage eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und eigener wirtschaftlicher  Ressourcen  eine  moderne  Rechentechnik zu schaffen, die den neuen Anforderungen gerecht wurde. Die Analyse der zu lösenden wissenschaftlich-technischen Aufgaben für die Entwicklung dieser neuen Rechentechnik, welche imstande war, den vorgenannten qualitativ neuen Erfordernissen der Rationalisierung der Leitungs- und Wissenschaftsaufgaben zu entsprechen, zeigte, dass die nationalen Wirtschafts- und Wissenschaftsressourcen nicht ausreichten (außer in der UdSSR), diese Aufgaben in jedem Land für sich allein zu lösen. Zu gleichen Schlussfolgerungen führten die Analysen für die dafür einzusetzenden Produktionskapazitäten und Aufwendungen für die Einsatzvorbereitungen der elektronischen Datenverarbeitungsanlagen.

Aus diesen Gründen kamen Mitte der 60er Jahre die Partei- und Staatsführungen der UdSSR, DDR, VR Bulgarien, VR Polen, Ungarischen Volksrepublik, CSSR zu der Schlussfolgerung, die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaft zu nutzen und gemeinsam diese Aufgabe zu lösen. Die DDR-Orientierung jener Zeit zur Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung konzentrierte sich zunächst auf die Forcierung der zweiseitigen Kooperation mit der UdSSR.    

Im Jahre 1965 begann die planmäßige Zusammenarbeit der Mitgliedsländer des RGW auf dem Gebiet der elektronischen Rechentechnik in der Sektion 3 der "Ständigen Kommission der Radiotechnischen und Elektronischen Industrie" (SKE). Die Arbeit erfolgte zunächst vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der Standardisierung. Es zeigte sich sehr schnell, dass eine effektive Zusammenarbeit  ein höheres Niveau erforderte.

Im weiteren Verlaufe wurde ein zweiseitiges Kooperations- und Spezialisierungsabkommen mit dem MRI der UdSSR vorbereitet und dann am 22.12.1968 unterzeichnet. Die ersten Vorstellungen einer einheitlichen Reihe von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen entstanden.  Durch unsere Mitarbeit wurden Mitte 1967 dafür Vorschläge auf der Grundlage des nationalen "Robotron 400"- Familien- Konzepts eingereicht.

 

Auch mehrseitig entwickelten sich unter Regie der Plankommission der UdSSR weitreichende Pläne. Es begann der Entstehungsprozess des "Einheitlichen Systems Elektronischer Rechenmaschinen" (ESER).  Auf Spezialistenebene war es gelungen, trotz unterschiedlicher Entwicklungsprobleme in den Volkswirtschaften der UdSSR, DDR, CSSR, Ungarischen Volksrepublik, Volksrepublik Polen, Volksrepublik Bulgarien, die vielfältige Interessenlagen für die Entwicklung der Rechentechnikindustrie mit sich brachten, einheitliche Vorstellungen über die einzuschlagende Entwicklungsstrategie zu erreichen. Das nationale "Robotron 400"- Familien- Konzept war auch hier Grundlage der DDR- Interessen.

Während dieser Beratungen am Beginn des Entwicklungsweges des "Einheitlichen Systems Elektronischer Rechenmaschinen" (ESER) hat sich der damalige Hauptabteilungsleiter Systementwicklung im VEB Elektronische Rechenmaschinen Walter Münch, mit seiner beharrlichen und von ökonomischen Effektivitätsüberlegungen geprägten Argumentation große Verdienste um das Herausarbeiten dieser einheitlichen Auffassungen erworben.

 

Das gesamte Jahr 1969 wurde in mehrseitigen Spezialisten- Arbeitsgruppen intensiv an der Formierung der systemtechnischen und konstruktiv- technologischen Grundlagen für das künftige Einheits- System gearbeitet. Auch die Arbeiten im Rahmen des zweiseitigen Abkommens UdSSR/DDR  vom 22.12.1968 liefen intensiv.

Auf diesem Wege wurde am 23. 12. 1969 durch die Unterschriften auf der 3. Tagung der Mehrseitigen Regierungskommission das ESER dann aus dem Stadium eines Projektes in den Status einer mehrseitigen Regierungsvereinbarung erhoben (Details hierzu siehe Anm.6) .

Beginn der ESER- Arbeit

 

Das ESER hatte die strategische Aufgabe zu lösen, den Volkswirtschaften der sozialistischen Länder frei von den Störeinflüssen der imperialistischen Embargopolitik moderne Rechentechnik bereitzustellen und deren effektiven Einsatz zu ermöglichen und das Zusammenwirken der beteiligten Länder bei der Forschung, Entwicklung, Produktion und Anwendung moderner elektronischer Rechenmaschinen zu  organisieren. Mit den Verhandlungen auf Regierungsebene wurden die Voraussetzungen für die notwendige engere Zusammenarbeit geschaffen, es entstand das Prinzip der Chefkonstrukteure zur internationalen Koordinierung der Arbeit.

 

Die erste Tagung des "Rates der Chefkonstrukteure" (RCK) für das ESER fand vom 7.bis 9.Januar 1969 in Moskau  statt, Der erste Chefkonstrukteur der DDR im ESER war Manfred Günther, Direktor für Forschung und Entwicklung der VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen .

 

 

Regierungsvertreter der MRK- Länder : 1. Reihe  zweiter von links DDR- Minister Ottfried Steeger

 

Die Lösung von Detailfragen in Spezialistensektionen, die Ausarbeitung abgestimmter Empfehlungen im RCK und das Treffen von Entscheidungen dazu durch die MRK, war für die damalige Zeit eine der fortschrittlichsten Formen der  internationalen Zusammenarbeit.Damit wurden Schrittmacherdienste bis in die Gegenwart für die Weiterführung der sozialistischen ökonomischen Integration geleistet. 

Bis 1979 wurden  ca. 200 ESER- Geräte aller Teilnehmerländer entwickelt und in die Produktion übergeleitet . Daran waren ca. 40.000 Forschungs- und Entwicklungskader und ca. 300.000 Werktätige in Produktion und Kundendienst beteiligt. Die Geräte und Programmsysteme konnten in verschiedenster Weise zu Anlagen zusammengestellt werden, da sie durch die  gemeinsame Entwicklungsstrategie kompatibel waren. Das Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionspersonal wurde über Ländergrenzen hinweg spezialisiert eingesetzt. Die gegenseitigen Warenlieferungen wurden durch die Regierungen bilateral vereinbart.( Details  hierzu).

Das ESER war also mehr als ein Handelsabkommen oder eine Produktionsspezialisierung. Es war ein Weg zu einer höheren Qualität der sozialistischen ökonomischen Integration und deshalb auch etwas  Lebendes.

 

Die Kollektive des Karl- Marx- Städter ESER- Entwicklungszentrums "E2"  haben [bis 1979 (GJ3 )  ]zum ESER mit folgenden Erzeugnissen beigetragen:

  • Zentraleinheit   EC  2640  mit  Abfrage­einheit,EC 7073,

  • Betriebssystem DOS, Betriebssystem   OC/EC   in   Ausbaustufen,

  • Lochbandstation  EC 7902,

  • Geräte des Bildschirmsystems EC 7920,

  • Zentraleinheit  EC  2655,

  • Bedieneinheit EC 7069,

  • Mikrofilmausgabegerät EC 7602.

[Ab 1980 wurden mit den Erzeugnissen EC 1055M, EC 1056, EC 1057, neuen ESER- Betriebssystem- Ausgaben und Modifikationen, Newa 1M, vielen Terminals, Monitorbaureihen, Personalcomputern usw. und nicht zuletzt mit umfassenden Vorbereitungsarbeiten auf das ESER-Reihe 3 bzw. 4 mit einer neuen Generation EC 1150 auf Basis von CMOS- Gatearray- SK extrem anspruchvolle Aufgaben bearbeitet und wichtige Ergebnisse mit hoher Effektivität produziert und exportiert].

 

.. Die Aufgaben in den Betrieben der DDR wurden in den neuen Phase immer vielfältiger und komplizierter, nicht nur in der Produktion, sondern in zunehmendem Maße auch in der Forschung und Entwicklung. Im Herbst 1966 wurde beschlossen, schrittweise volkseigene Kombinate zu schaffen. Dieses Problem hatte auch die VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen in Angriff zu nehmen. Besonders an die zu bildende Kombinate Robotron und Zentronik knüpften DDR- Parteiführung  und  Regierung  große  Erwartungen, da umfangreiche Investitionen, die Konzentration des Wissenschaftspotentials für den Vorlauf beider Kombinate und die Zuführung zusätzlicher Arbeitskräfte und Kader vorgesehen waren.

Nach umfangreichen Vorarbeiten beschloß das Präsidium des Ministerrates der DDR, mit Wirkung vom 1. 4. 1969 den VEB Kombinat Robotron und den VEB Kombinat Zentronik zu bilden und die VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen aufzulösen.

Die Aufgaben des VEB Kombinat Robotron wurden  im ersten Statut wie folgt formuliert:

"Der VEB Kombinat Robotron ist verantwortlich für die Organisierung der Großforschung auf dem Gesamtgebiet der Datenverarbeitung sowie für die Zusammenarbeit mit der UdSSR bei der Schaffung eines einheitlichen Systems elektronischer Rechentechnik. Das Kombinat ist ferner Finalproduzent von Zentraleinheiten, von ausgewählten Geräten der ersten Peripherie sowie  von   Erzeugnissen der Prozeßrechentechnik und von Erzeugnissen der Nachrichtenübermittlung. Dem VEB Kombinat Robotron obliegt weiterhin der Systemverkauf, die Applikation, der Service, der Einsatz von Systemen der Datenverarbeitung und der Prozeßrechentechnik, einschließlich der Erzeugnisse des einheitlichen Maschinensystems für die Datenerfassung und -aufbereitung sowie der konventionellen Büromaschinen und der Erzeugnisse der Richtfunktechnik. Weiterhin obliegt ihm die Generalauftragnehmerfunktion für Systeme der elektronischen Datenverarbeitung."

Zu diesem Zeitpunkt der Kombinatsbildung waren ca. 17 000 Werktätige in Forschung, Entwicklung, Produktion und Kundendienst beschäftigt. Das Forschungs- und Entwicklungspotential wurde unter einheitlicher Leitung im "Großforschungszentrum"  des Kombinates zusammengefasst.

 Die  Herausbildung des Verständnisses dafür, dass nicht mehr der VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt, sondern künftig das Großforschungszentrum im Kombinat Robotron mit seinem Sitz in Dresden das wissenschaftliche Zentrum sein sollte,  war damals bei ELREMA durchaus ideologisch kompliziert. Ein ebenso kompliziertes Leitungsproblem war es, die Aufgaben und die Verantwortung des Großforschungszentrums richtig herauszuarbeiten und die Kollektive von der Richtigkeit dieser Maßnahmen zu überzeugen.

Das Problem, die eigene Verantwortung richtig zu erkennen und wahrzunehmen, hat in den folgenden Jahren ständig seine Bedeutung erhalten, da im Prozess der Überleitung in die  Produktion ständig auf neue Weise die Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Produktion durchdacht und weiterentwickelt werden musste.

 

 Mit seinem großen Anteil an Hoch- und Fachschulkadern brachte der VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt eine erhebliche Potenz ein. Das Qualifikationsniveau von ELREMA für das Jahr 1969 war :

  • Gesamtbeschäftigte, davon 1 221 Mitarbeiter
    Hochschulkader               336 Mitarbeiter
    Fachschulkader 272 Mitarbeiter
    promovierte Kader 20 Mitarbeiter
    in  der Ausbildung  befindliche Fernstudenten:  
    Hochschule  76 Mitarbeiter
    Fachschule 55 Mitarbeiter
    Aspiranturen 23 Mitarbeiter
    postgraduales Studium 12 Mitarbeiter

Daraus ergab sich, dass 65,5 % der Gesamtbeschäftigten eine Hoch- bzw. Fachschulausbildung besaßen. Aber auch den übrigen Beschäftigungsgruppen wurde. Für die Qualifizierung aller Mitarbeiter des Fachgebietes Geräte wurden in diesen Jahren im Durchschnitt ca. 120.000 M pro Jahr bereitgestellt.

 

Die Bildung des Großforschungszentrums aus den Betrieben und Instituten:

  • VEB  Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt,

  • Institut für Elektronik Dresden,

  • Institut für maschinelle Rechentechnik Dresden,

wurde hinsichtlich der weiteren Qualifikation (der Mitarbeiter)  große Aufmerksamkeit gewidmet,... .

Die Teilnahme von 450 Mitarbeitern unseres neugebildeten Fachgebietes Geräte im Großforschungszentrum Robotron in den Jahren 1969 und 1970 an den verschiedenen Bildungsveranstaltungen war ein Bekenntniss und Ausdruck der Sicherheit in eine klare Zukunft.

Das Zusammenwachsen mit dem Institut  für Datenverarbeitung Dresden und Forschungs- und Entwicklungsbereich des Stammbetriebes Radeberg war ein komplizierter Prozess. Es ging nicht nur um eine organisatorische Zusammenlegung, sondern vor allem um eine inhaltliche Profilierung der betrieblichen Gesamtkapazität unter Beachtung der im Entstehen begriffenen direkten Zusammenarbeit mit der UdSSR und den anderen Ländern des RGW. Ziel war, mit dieser Konzentration- unter organisatorischer Einbeziehung von weiteren Kapazitäten an Hochschulen und in Instituten - wissenschaftlich-technische Spitzenleistungen zu erreichen.

Die wichtigsten Aufgaben als Fachgebiet Geräte des Großforschungszentrums waren auch künftig die Entwicklung von Zentraleinheiten für mittlere elektronische Datenverarbeitungsanlagen, die Entwicklung von ausgewählten peripheren Geräten, die Entwicklung von maschinenorientierten Systemunterlagen sowie die Entwicklung von Geräten, die in Betrieben des VEB Kombinat Zentronik produziert wurden, insbesondere für die Datenerfassung und -aufbereitung. ..

Die mit der Kombinatsbildung und der beginnenden internationalen Arbeitsteilung ausgelösten Prozesse der inhaltlichen und organisatorischen Veränderungen führten nach umfangreichen Diskussionen zur Einführung einer neuen strukturellen Gliederung des Fachgebietes, die sich bis 1989 im Wesentlichen bewährt hat. Dabei wurde von den höheren Anforderungen hinsichtlich einer Orientierung auf hohen volkswirtschaftlichen Nutzen und schnelle Produktionswirksamkeit der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ausgegangen.

Dieser Weg erforderte eine Konzentration auf die Schwerpunkte und damit auch eine teilweise Umprofilierung der Arbeiten. Die Anzahl der bearbeiteten Themen wurde im Zeitraum 1968 bis 1971 um 25% reduziert.Es  wurde gleichzeitig begonnen, das breite Arbeitsspektrum schrittweise auf vorwiegend elektronische Entwicklungen auszurichten. So wurden z. B. die Entwicklungsarbeiten für neue Lochkartenlese- und -Stanzgeräte Mitte 1969 eingestellt, da im Rahmen der internationalen Spezialisierung diese Geräte im ESER von der UdSSR und der CSSR für alle Partner entwickelt und produziert wurden.

 

Übergang der R400- Konzeption in das ESER

 

Der Übergang von der nationalen "R 400"-Konzeption auf die im ESER international abgestimmten Leistungen der DDR wurden schrittweise realisiert. Die national dringend erforderliche Ablösung der "Robotron 300"-Produktion durch eine moderne Nachfolgeanlage wurde zunächst durch die Entwicklung der "Robotron 21" vorgenommen.

Diese Anlage beinhaltete bereits in ihrer logisch-funktionellen Konzeption die vollständigen Operationsprinzipien der Anlagen der Reihe 1 des ESER, war aber auch noch mit Mikromodulbausteinen KME- 3 entsprechend der national zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Bauelementebasis und Zweiebenenleiterplatten ausgestattet GJ 4. Die Realisierung der Operationsprinzipien des ESER war nicht nur eine Frage der Programmkompatibilität mit den späteren ESER-Anlagen, sondern zugleich die Grundlage für den Anschluss von peripheren Geräten des ESER. Damit waren wir im Besitz einer Anlage, mit der die vertraglich mit der UdSSR abgestimmten Leistungen für die Entwicklung des ersten ESER-Betriebssystems DOS/ES termingemäß durchgeführt werden konnten. Parallel zu diesen Arbeiten verlief die Projektierung für die Zentraleinheit "EC 2640". Das Grobprojekt konnte im Juni 1970  international mit  Erfolg verteidigt werden. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, wo im neu errichteten Produktionsbetrieb VEB Robotron-Elektronik Dresden (RED) die Vorbereitung für die Produktionsaufnahme der Zentraleinheit "Robotron 21" sowie der gleichzeitig mitentwickelten ESER-Peripherie Lochbandstation (LBS) "EC 7902" und Abfrageeinheit (AE) "EC 7073" durchgeführt wurde. Die Arbeiten an der EC 2640 standen unter großem Zeit- und Erfolgsdruck, da die Qualitätsprobleme der R21 zunahmen.

Bei der Komplettierung der Funktionsmuster dieser Geräte mit weiteren peripheren Geräten    zu einer vollständigen elektronischen Datenverarbeitungsanlage traten wieder die bereits von der "Robotron 300"-Entwicklung bekannten Probleme der Zeitgleichheit des Entwicklungsabschlusses für alle Geräte auf, jedoch mit dem Unterschied, daß diesmal die Abstimmungen über die Ländergrenzen hinweg  geführt werden mussten.

Durch Überbrückungsimporte einzelner Geräte wurde die in wenigen Fällen vorhandene Lücke geschlossen, so dass die Programmentwicklung  für das Betriebssystem weitestgehend planmäßig realisiert werden konnte.

Diese auf mittlere elektronische Datenverarbeitungsanlagen gerichteten Arbeiten waren aber nur ein Teil des Aufgabenspektrums des Fachgebietes Geräte. Im gleichen Zeitraum, von 1969 bis 1970, wurden umfangreiche Vorlaufarbeiten für das System "R 1000" für die Datenerfassung und -aufbereitung durchgeführt sowie Vorlaufarbeiten für neue periphere Geräte der Bildschirm- und Mikrofilmtechnik. In   der mechanischen Entwicklung wurden die Arbeiten auf den "Optischen Belegleser" (OBL) konzentriert, ein Gerät, welches als Gemein­chaftsprojekt mit der UdSSR realisiert werden sollte.

 Ein weiteres Gebiet, auf dem vorrangig gearbeitet werden musste, war die Rationalisierung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten selbst. Je komplizierter und leistungsfähiger die projektierten elektronischen Geräte wurden, um so dringender entstand die Notwendigkeit, die Erstellung der für die Fertigung und den Kundendienst erforderlichen Unterlagen zu rationalisieren. Das begann mit der Simulation des logischen Entwurfes der zu entwickelnden Baugruppe bzw. des zu entwickelnden Gerätes mit Hilfe einer elektronischen

Datenverarbeitungsanlage und endete mit der Ausgabe von Unterlagen für die Fertigungs- bzw. Betriebsdokumentation in druckreifer Qualität.

Diese Vielfalt der Aufgaben, die trotz Konzentration auf Schwerpunkte realisiert werden mussten, die zahlreichen Schwierigkeiten, die überwunden werden mussten, wie z. B. Qualitätsprobleme von Bauelementen, die ebenfalls noch im Entwicklungszustand waren, oder die Raum- und Kommunikationsprobleme bei der Verteilung der Belegschaft auf 13 Betriebsteile, all das wurde mit hohem persönlichen Einsatz vieler Mitarbeiter und Kollektive gemeistert. In diesem sehr komplizierten Zeitabschnitt haben sich u. a. auch eine Reihe von Absolventen zu ausgezeichneten Spezialisten auf ihrem Fachgebiet entwickelt.

Für die große Zahl der Beteiligten sollen hier nur einige Mitarbeiter genannt werden, die an der Entwicklung und Überleitung der "Robotron 21" spezifischen Anteil hatten.

  • Für die Zentraleinheit: Dieter Hübner, Achim Klinkert, Gotthard Lasch, Volker Löschner.

  • Für die Abfrageeinheit: Rolf Berthold,Wolfgang Leidel, Heinz Voigtländer.

  • Für die Lochbandstation: Wolfgang Graupner,Karl-Heinz Spindler.

Die Mitarbeiter Günter Laskowski und Lothar Fischer hatten im Rahmen der Komplexthemenleitung bzw. Abteilungsleitung wesentlichen Einfluß bei der leitungsmäßigen Steuerung des Prozesses.

Eine Arbeitsrichtung, die das wachsende Verantwortungsbewußtsein der Entwicklungskollektive für den gesamten Reproduktionsprozess ausdrückt, wirkte in diesen Jahren in einer gewissen Weise profilbestimmend (es handelt sich dabei um eine Komponente der Entwicklung und Überleitung neuer Erzeugnisse, die oft nicht erwähnt wird, obwohl der Erfolg einer Neuentwicklung wesentlich davon abhängt): Für umfangreiche und komplizierte Neuentwicklungen elektronischer Geräte gab es keine handelsüblichen Meß- und Prüfgeräte. Dieser Aufgabe stellte sich das Fachgebiet Geräte im Zusammenhang mit der Entwicklung der "Robotron 21" verstärkt, und es entstanden parallel zum Haupterzeugnis spezielle Mess- und Prüfeinrichtungen, die sowohl für den Forschungs- und Entwicklungsprozeß als auch für die künftige Produktion eingesetzt wurden. Das waren insbesondere das

  • Prüfgerät für Standardinterface (PS1);

  • Prüfgerät zur Übertragung maximaler Frequenzen  (PÜF);

  • Steckeinheitenprüfgerät (STEP).

Diese damalig neuen Aufgaben wurden nachfolgend zum selbstverständlichen Aufgabenumfang des Entwicklers .Auch der immer stärkere Einfluss auf die Bauelementehersteller  und die   Zusammenarbeit mit diesen gehörten zu dem damals Neuen.

Ein Problem war es auch, im FuE- Bereich Schichtarbeit zu leisten: Um Zeitgewinne zu erzielen, waren Fach- und Hochschulkader zu überzeugen, mehrschichtig zu arbeiten - ein damals absolut unübliches Ansinnen. Neben der ideologischen Lösung  dieser Aufgabe mußten auch die sozialen und technisch-organisatorischen Voraussetzungen für die Schichtarbeit geschaffen werden.

An der "Robotron 21" wurde ab Oktober 1969 ein durchgängiger Mehrschichtbetrieb bei der Inbetriebnahme der Funktionsmuster durchgesetzt. 30 % davon wurde im Dreischicht-Rhythmus durchgeführt. Da trotz vieler Maßnahmen für einen ordnungsgemäßen Produktionsanlauf Konflikte und Störungen auftraten, gab es zur Überzeugung der Entwicklungskollektive für das Lösen immer neuer Anforderungen aus dem Überleitungsprozeß nur ein Argument:

Es ging nicht um eine "Schuldfrage", es ging auch nicht darum, dass die Aufgaben des Entwicklers zum Teil liegenbleiben, es ging um eine qualitätsgerechte Produktion des Kombinates in kürzester Zeit. Davon hing die Perspektive von allen Betriebsangehörigen, auch die der Entwickler, ab. Diese harte, aber ehrliche Diskussion zeigte dann auch gute Ergebnisse. Nachdem zwischen den Leitungen die entsprechenden Vereinbarungen abgeschlossen waren, kam ein großes Kollektiv von Entwicklungsingenieuren ein halbes Jahr direkt in der Produktion zum Einsatz. Gemeinsam mit den Kollegen des Produktionsbetriebes Robotron-Elektronik Dresden wurden mehr als 10 Zentraleinheiten im Prüffeld der Testung bzw. Inbetriebnahme unterzogen und der Grundstein für eine kameradschaftliche Zusammenarbeit gelegt -  auswärts im Dreischicht-Rhythmus.

..Beide Partner bekamen Achtung voreinander und  ein gewisses "Gefühl" für die Probleme des anderen. Dieser Umstand wirkte u. a. sehr befruchtend auf die Arbeitsergebnisse der Entwickler, die fortan alles etwas mehr mit der "Produktionsbrille" betrachteten.

 

Trotz der geschilderten Anstrengungen der Kollektive war Anfang der siebziger Jahre im Kombinat Robotron eine schwierige Situation entstanden:Die Produktion der "Robotron   300"-Anlagen musste durch neue Erzeugnisse abgelöst werden.Der Produktionsanlauf der Anlage "Robotron  21" erreichte durch  Qualitätsmängel und unzureichende Zulieferungen, um die Zentraleinheiten zu Anlagen zu komplettieren, nicht  die vorgesehene Effektivität,

Die extensive Erweiterung der Produktionskapazität mit  ihren Problemen wie hoher Aufwand an Mitteln, Qualifizierung der neu eingestellten Werktätigen im   Prozess   der Produktionsaufnahme   neuer  Erzeugnisse  usw. führten insgesamt dazu, dass geplante Kennziffern in einigen Planteilen nicht erreicht wurden.

Die Konzeption der Kombinatsleitung zur Überwindung dieser Situation war neben einer Reihe anderer Maßnahmen die schnellstmögliche Produktionsüberleitung der "EC 2640". Begonnen hatte dieser Prozess bereits Anfang 1971 mit dem Ziel, mit nur wenigen Monaten Abstand zum Abschluss der Entwicklungsstufe K 5 die ersten 5 Fertigungsmuster in der Produktion herzustellen. Eine Aufgabe, die mit herkömmlichen Methoden der Entwicklung und Produktionsüberleitung nicht lösbar war und eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsingenieuren, Produktionstechnologen, Materialwirtschaftlern und Produktionsarbeitern erforderte.

Diese Schwierigkeiten zu überwinden und durch unseren Beitrag in Forschung und Entwicklung am weiteren Stabilisieren des Kombinates Robotron zu einem zuverlässigen Partner der Volkswirtschaft zu leisten, war ein Grundanliegen vieler hoch motivierter Mitarbeiter des Hauses E2

 

 

Etappe der EC 2640 und der intensiven ESER- Arbeit

 

Im Juni 1971 fand der VIII. Parteitag der SED statt, u.a. verbunden mit dem Aufruf, die sozialistische ökonomische Integration zielstrebig zu entwickeln.

Dem  Fachgebiet wurden im Jahr 1972 hohe Ziele gesteckt. Dazu gehörten u. a. der Abschluss der Inbetriebnahme des ersten Funktionsmusters der "EC 2640" und der Aufbau des zweiten Musters; der Abschluss der Produktionsüberleitung der Abfrageeinheit, Lochbandstation und Zentraleinheit der "Robotron 21"; der Abschluss der Produktionsüberleitung der Datenerfassungsplätze (DEP) und der "Einheitlichen Zentraleinheit" (EZE) aus dem System "Robotron 1000"; weitere Zielstellungen zu den Betriebssystemen DOS/ES und OS/ES sowie für die Testung des Optischen Beleglesers OBL; die Aufwertung des Bildschirmsystems der "Robotron 300" mit ESER- Standard- Anschluss und die Vorlaufarbeiten.

Äußerer Ausdruck für weitere  inhaltlichen Orientierung der Wirtschaftsorganisation war im Kombinat Robotron die Änderung der betrieblichen Bezeichnung von "Großforschungszentrum" in "Zentrum für Forschung und Technik" (ZFT)-Inhaltlich ging es darum, die Einheit von Forschung, Entwicklung und Technologie stärker auszuprägen und die  Gemeinschaftsarbeit von Kollektiven der Akademien, Universitäten, Hoch- und Fachschulen mit unserem Zentrum für Forschung und Technik bis hin zu den Produktions- und Kundendienstkollektiven zu formieren.

Pionierarbeit in der leistungsseitigen Beherrschung großer, international verflochtener Entwicklungskomplexe wurde durch die Projektleitung  "EC  1040"  geleistet unter Leitung des damaligen Fachgebietsdirektors Fritz Jank.

Ein Komplexwettbewerb wurde entwickelt, der über Betriebsgrenzen hinweg alle Beteiligten aus der Entwicklung, Produktion, im Absatz und im Kundendienst umfasste. In beispielgebenden Einsätzen haben bei der Entwicklung und Produktionsüberleitung der "EC 2640" Entwickler, Produktionsarbeiter und Kundendienstingenieure über Monate unmittelbar in der Entwicklung und Produktion gemeinsam bei der Überwindung der Probleme gearbeitet. Wesentlich unterstützt wurde dieser Prozess durch zentrale Maßnahmen, die zur Stabilisierung der Zulieferleistungen führten. Durch das Zusammenwirken von staatlichen Maßnahmen zur Stabilisierung des Kombinates.. und einer höheren Qualität der sozialistischen Gemeinschaftsarbeit von Forschung, Entwicklung, Produktion und Absatz konnten die gestellten Aufgaben erfüllt werden. Äußeres Zeichen dafür waren die Goldmedaille für die "Robotron 21" zur Leipziger Frühjahrsmesse 1972 und die erfolgreiche Ausstellung der "EC 1040" auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1973 und auf der ersten ESER- Ausstellung im Mai/Juni 1973 in Moskau.

 

 .

Im Zentrum neben MP Kosygin- Minister für Radioindustrie P.S. Pleschakow , 2. Person rechts daneben ESER- Generalkonstruktueur V.V. Prschijalkowski

Die Anerkennung auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1974 mit einer Goldmedaille für die "EC 1040" war eine hohe Würdigung der großen Anstrengungen aller Beteiligten.

Prof. Wolfgang Sieber ( Mitte), langjähriger Generaldirektor des VEB Kombinat Robotron,  empfängt die Goldmedaille

 

In der Nr. 10/11 1972 der Zeitschrift "Rechentechnik - Datenverarbeitung" schrieb der Stellvertreter des Ministers für Elektrotechnik und Elektronik, Helmut Weihrauch, u. a.:

"Es kommt mit der Vergabe der EC 1040 an die DDR ... auch die systematische Entwicklung der Rechentechnik in der DDR zum Ausdruck. Beginnend mit Anlagen auf der Basis von Elektronenröhren, . . . wurden auf dem Gebiet der Rechentechnik und Datenverarbeitung große schöpferische Leistungen unserer Arbeiter, Ingenieure und Wissenschaftler vollbracht. Dabei mussten für die jeweils neue Datenverarbeitungstechnik stets qualitativ höhere Forderungen insbesondere auf dem Gebiet der Bauelemente gestellt werden, die nur in enger Zusammenarbeit vieler Industriezweige erfüllt werden konnten. Dieser Prozess vollzog sich auf der Grundlage großzügiger Förderung durch den Staat ...

Bei der Entwicklung der Zentraleinheit "EC 2640" und der dazugehörigen Betriebssysteme als wesentlichster Beitrag der DDR zum ESER bildete sich die Arbeit im internationalen Maßstab, speziell die direkte Zusammenarbeit mit Entwicklungskollektiven in der UdSSR, als zukunftssicheres und ständiges Ar­beitsprinzip heraus.

 Die Einordnung dieser Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in eine internationale Entwicklungskonzeption, das Erfordernis, die Vielzahl der   Kooperationspartner inhaltlich und terminlich zu koordinieren und die Notwendigkeit, operativ in allen Teilprozessen ständig das Beseitigen neu auftretender Schwierigkeiten zu sichern, machten objektiv neue Formen der Führung sowie der Leitung und  Planung  notwendig.

.. Im Rahmen eines Komplexwettbewerbes wurden einheitliche Maßstäbe der materiellen und ideellen Stimulierung im Kombinatsmaßstab durchgesetzt, in den gebildeten Fachausschüssen der Projektleitung arbeiteten die Entwickler und Mitarbeiter der Produktionsbetriebe unmittelbar zusammen, so dass bereits im Verlaufe des Jahres 1972 die Fertigungs-Dokumentation im Stande K 3 übergeben werden konnte. Mit dieser Verfahrensweise der gleitenden Überleitung konnte erreicht werden, dass mit dem Bau von fünf Fertigungsmustern in der Produktion begonnen wurde, obwohl die Arbeiten an den Funktionsmustern der Entwicklungskollektive noch nicht abgeschlossen waren. Daß sich die Anstrengungen gelohnt haben, dazu nur zwei Zahlen: Aus Anlass der Eröffnung der Rechentechnik-Ausstellung 1979 in Moskau konnte die 100. in die UdSSR exportierte Anlage "EC 1040" an einen sowjetischen Abnehmer übergeben werden, und bis Mitte 1980 wurden ca. 350 EDV-Anlagen "EC 1040" produziert.

Die großen Leistungen in der Forschung und Entwicklung wurden mit der Verleihung des Nationalpreises 1. Klasse für Wissenschaft und Technik am 5. Oktober 1973 an ein Kollektiv von 6 Mitarbeitern für die Entwicklung der "EC 1040" gewürdigt. Davon waren aus dem Fachgebiet Geräte: Fritz Jank, Günter Laskowski, Reiner Markert, Gerhard Metzger und Reinfried Wetzel sowie Klaus Stephan aus dem damaligen Fachgebiet Speicher in Dresden.

Die Leistungen im Zusammenhang mit der Überleitung und dem Produktionsanlauf der Zentraleinheit "EC 1040" erfuhren hohe gesellschaftliche Anerken­nung mit der kollektiven Verleihung des Ordens "Banner der Arbeit" (Stufe III) an ein Kollektiv von überwiegend in der Produktion beschäftigten Mitarbeitern anlässlich des Nationalfeiertages der DDR 1974.Aus unserem Fachgebiet gehörten  Alexander Ebert und  Günter Schulze dazu.

Mit der Entwicklung der Zentraleinheit "EC 2640" und deren Überleitung in die Serienproduktion hatte das Fachgebiet Geräte seinerzeit seine größte Aufgabe zu bewältigen. Die Verantwortung wird noch unterstrichen, da es sich um einen Bestandteil internationaler Verpflichtungen handelte und das Gerät im Rahmen des ESER über viele Jahre die leistungsfähigste Rechentechnik verkörperte, die( in größeren Serien ) produziert wurde. Zeitliche und qualitative Abweichungen von der vorgegebenen Zielstellung hätten sich auf den Einsatz der Rechentechnik unserer sozialistischen Bruderländer ausgewirkt. Die Rationalisierungskonzeptionen dieser Länder sahen den Einsatz in Industrievereinigungen, Kombinaten, wissenschaftlichen und staatlichen Einrichtungen vor. In der UdSSR arbeiten unsere Anlagen "EC 1040" z. B. im Kernforschungszentrum Dubna, im LKW-Werk an der Kama, im Institut für Kosmosforschung, im Institut für Atomenergie und im Zentrum für Erdölforschung. Die erfolgreiche Produktionsüberleitung der "EC 2640", die Einhaltung der mit der UdSSR vereinbarten Leistungen und Termine bei der Betriebssystementwicklung sowie die Leistungen anderer Betriebskollektive, die ESER- Geräte entwickelten und in die Produktion überleiteten, hatten dazu beigetragen, dass die EDV-Industrie unserer Republik ein leistungsfähiger und geachteter Partner bei der Entwicklung, Produktion und qualitätsgerechten Lieferung im Rahmen des ESER innerhalb der Länder des RGW geworden war.

 

 

Aber auch in den USA, wohin eine Anlage exportiert wurde, musste man das zur Kenntnis nehmen. Eine Rundfunksendung informierte im November 1975:

"Vor wenigen Jahren noch ...hätten viele Amerikaner den Gedanken einfach für absurd gehalten, dass ein Land wie die DDR in Amerika elektronische  Rechentechnik ausstellt. Man sei vor allem in den Kreisen von USA-Wissenschaftlern, Technikern und Geschäftsleuten davon überzeugt, dass kein Land der Welt etwas Ebenbürtiges anzubieten habe."

Tatsächlich haben die USA, nicht zuletzt unter militärischen Gesichtspunkten, enorme wissenschaftliche und finanzielle Potenzen auf die Elektronik konzentriert, um einen strategischen Vorteil herauszuarbeiten. Aus diesem Grund wurde  auch bis zum Ende der DDR die Embargopolitik mit ständig neuen Störversuchen praktiziert, die es amerikanischen Unternehmern unmöglich macht, mit  elektronischen Spitzen-Geräten Absatzmärkte in der sozialistischen Welt zu finden. Doch nun hatte die Control- Data- Corporation, eines der größten Computerunternehmen der USA, interessiert an neuen Geschäftsverbindungen und Absatzmärkten, einen Vorstoß unternommen: Es lud Robotron Dresden ein, vor den prüfenden Augen der amerikanischen Fachwelt die elektronische Datenverarbeitungsanlage "EC 1040" mit typenähnlichen USA-Geräten zu testen. William Norris, Präsident von Control-Data, legte die Resultate dieser Prüfung vor. Eine Wertung des Ergebnisses führte zu der für die amerikanische Öffentlichkeit erstaunlichen Tatsache, dass die "EC 1040" den Vergleich mit führenden Anlagen der westlichen Welt absolut nicht zu scheuen brauchte.

"Es ist sinnlos", sagte der Control-Data-Präsident, "die sozialistischen Länder mit Embargopolitik in Schach zu halten, wenn man nun mit eigenen Augen sehen kann, dass der Sozialismus eine hochleistungsfähige Computertechnik besitzt.  GJ 5

 

Arbeitsbedingungen verbessern sich deutlich

In diesen Jahren spürte auch das Fachgebietskollektiv, wie hohe Leistungen zur Entwicklung des eigenen materiellen und kulturellen Lebensniveaus beitragen. Wir zogen in unser neues, vollklimatisiertes Betriebsgebäude, das "Haus Ro­botron", im Zentrum von Karl-Marx-Stadt ein.

Das durchschnittliche Bruttoeinkommen unserer Belegschaft erhöhte sich von 1965 bis 1979 um 46%. Der Prämienfonds stieg von 1960 bis 1979 im Durchschnitt um 40% je Mitarbeiter. Die am 1. März 1971 geschaffene Möglichkeit der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung wurde immer breiter genutzt (1972 von 23% und 1979 von 80% der abschlußberechtigten Mitarbeiter). Die medizinische Betreuung der Belegschaft wurde ständig erweitert: eine moderne Sanitätsstelle wurde mit dem Bezug des "Hauses Robotron" für die Belegschaft nutzbar, mit Kliniken unserer Stadt abgeschlossene Verträge verbesserten die fachärztliche Behandlung. .. Für die Belegschaft stellte die Betriebsgewerkschaftsorganisation in Zusammenarbeit mit der staatlichen Leitung neben den vom FDGB zentral bereitgestellten Ferienplätzen ständig mehr Betriebs- bzw. Vertragsplätze zur Verfügung.

Betriebsferieneinrichtungen wurden in Klausdorf, Pöhl, Erdmannsdorf, an der Ostseeküste und  in  der CSSR geschaffen. Der Urlauberaustausch mit unserem tschechoslowakischen Partnerinstitut in Prag (VUMS-Prag) ermöglichte bereits vielen Betriebsangehörigen, ihren Urlaub im sozialistischen Nachbarland zu verbringen. 1968 wurden bei etwa gleicher Belegschaftsstärke 250 und 1979 bereits 980 Betten für Urlaubsplätze an die Familien unserer Mitarbeiter vergeben.

Die betrieblichen Kinderferienlager in den Sommer und Winterferien waren für alle Kinder der Mitarbeiter des Hauses ein besonderes Erlebnis und erfreuten sich hervorragender Sympathie.

 

Die Phase ab 1973/74

 

Wir standen in der Phase der Entwicklung und Überleitung der ESER- Reihe 1- Maschinen gemeinsam mit den Forschungs- und Entwicklungskollektiven in der UdSSR und den anderen am ESER beteiligten sozialistischen Ländern vor der Aufgabe, einen neuen Entwicklungsabschnitt vorzubereiten, die Reihe 2 des ESER.

Bei ihren Konzeptions- und Entwicklungsarbeiten für den Hauptbeitrag der DDR zur Reihe 2 des ESER, der Zentraleinheit "EC 2655", leisteten unsere Kollektive Bedeutendes zur Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. . Bei Beibehaltung der Linie sogenannter mittlerer Zentraleinheiten wurde um eine Erhöhung der Gebrauchswerteigenschaften der "EC 2655" gegenüber der "EC 2640", bei gleichzeitiger deutlicher Verbesserung der Erzeugnisökonomie, gerungen.

Die Wettbewerbsverpflichtungen, die von den Themenkollektiven der "EC 2655" abgegeben wurden, sahen folgende Zielstellungen auf der Basis der Ausgangsprojektierung vor:

  • Senkung des Fertigungsaufwandes (Arbeitszeit)  auf 55%;

  • Senkung des Materialaufwandes  auf 60%;

  • Senkung des Energieverbrauchs auf 50%;

  • Senkung des Aufwandes für  Überleitung und Dokumentation;

  • Erhöhung der Zuverlässigkeit und Qualität.

Für die Führung des Entwicklungskomplexes "EC 1055" wurden von Anbeginn die mit der Projektleitung und den Fachausschüssen des Komplexes "EC 1040" gesammelten Erfahrungen zielstrebig angewendet. Der Umfang der für die "EC 1055" erforderlichen Entwicklungsarbeiten zum Betriebssystem war derart groß, dass die Entwicklung mit dem in der DDR vorhandenen Kollektiv der Betriebssystementwicklung auch auf der Basis der Zusammenarbeit im ESER nicht geschafft werden konnte. Nach intensiver Zielsuche in den ESER- Gremien wurde eine neuartige Lösung dieses Problems gefunden, in welcher sich die Vorzüge der sozialistischen ökonomischen Integration auf eindrucksvolle Weise ausdrücken. Wesentliche Teile der in der UdSSR und in der DDR vorhandenen Kapazitäten der Betriebssystementwicklung wurden für die gemeinsame Entwicklung des Betriebssystems OC/EC für die ESER- Anlagen der Reihe II  eingesetzt. Das bedeutete die Ausarbeitung und Durchsetzung einheitlicher entwicklungsmethodischer und entwicklungsorganisatorischer Grundsätze, einheitliche Qualitätsbewertung, direkte gemeinsame Arbeit von Kollektiven bis hin zur Zusammenführung von Kollektiven über längere Zeiträume in Moskau oder Karl-Marx-Stadt und inbesondere die unbedingte Termin- und Qualitätstreue jedes Mitarbeiters der gemeinsamen Entwicklungskollektive, auch für das kleinste Zwischenergebnis des Entwicklungsprozesses. Diese Arbeiten erfolgten auf Basis von kommerziellen zweiseitigen Verträgen mit dem ESER- Hauptentwickler der UdSSR, dem Betrieb NIZEWT.

Gleichzeitig musste durch das Betriebssystemkollektiv in der DDR das gesamte Betriebssystem, einschließlich der in der UdSSR entwickelten Teile, zu einem Zeitpunkt für die "EC 1055" bereitgestellt werden, zu welchem bereits der Betrieb der Funktionsmuster und auch der ersten Fertigungsmuster gesichert werden konnte.

Durch die gemeinsame Entwicklung des Betriebssystems  OC/EC durch Kollektive der UdSSR und der DDR wurde gezeigt, dass der damit praktizierten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Betriebssystementwicklung Leistungsmöglichkeiten innewohnen, die auch für die zukünftige Betriebssystementwicklung - bei ständigem Wachsen der Komplexität und des Umfangs der Betriebssysteme - die Realisierung der Entwicklungsaufgaben sichern.

In den Jahren 1974/75 begannen, aufbauend auf Vorlaufarbeiten, Entwicklungsleistungen für periphere Geräte der EDV, die einen weiteren Beitrag der DDR zum ESER auf ausgewählten Gebieten darstellten. Das waren Arbeiten auf dem Gebiet der Mikrofilmtechnik für ein direkt an ESER- Anlagen anschließbares Mikrofilmausgabegerät "EC 7602" sowie im Rahmen einer vorgesehenen Arbeitsteilung mit der UdSSR und der CSSR, Arbeiten an einem neuen Bildschirmsystem "EC 7920".

Die Leistungen und der hohe technisch-technologische Stand, der mit der Entwicklung der "EC 2640" erreicht worden war, hatten auch zur Folge, dass durch die UdSSR an uns die Bitte gerichtet wurde, auf der bewährten technisch-technologischen Basis der "EC 2640" zunächst zwei Konstruktionsmuster eines in der UdSSR logisch-funktionell entwickelten Nachrichtenvermittlungssystems "NEWA" herzustellen. Die hohe Qualität des "maschinellen Entwurfs- und Dokumentations- Aufbereitungssystem" von E2 und die im ESER bekannte Spitzen- Zuverlässigkeit der Technologie der EC 1040 hatten diesen Auftrag ausgelöst, denn man  benötigte einen Rechnerkomplex, dessen absolute Ausfalldauer kleiner 2 Stunden im Verlaufe von 20 Jahren Betriebsdauer sein sollte.

Gemeinsam mit dem Institut für Nachrichtentechnik Berlin wurde diese Aufgabe übernommen und in relativ kurzer Zeit gelöst. [Später schloss sich die Serienfertigung von NEWA 1 bei RED in Dresden Gruna an , die erst 1991 beendet wurde.] Dabei wurde auf technischem Gebiet das realisiert, was sich bei der Betriebssystem- Entwicklung seit Jahren bewährt hatte: die unmittelbare Zusammenarbeit mit sowjetischen Entwicklungskollektiven, die gemeinsame Arbeit an einer Aufgabe.

Die Vorbereitung des IX. Parteitag der SED im Mai 1976 setzte auch bei E2 neue Ziele. Markante Ergebnisse dieser Zeit waren:

  • Ausstellung  des   Mikrofilmausgabegerätes "EC 7602" auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1976

  • wesentliche Reduzierung des Arbeits- und Material-Aufwandes  für die "EC 2655" gegenüber dem Stand von Ende 1974 , sowie die  Verpflichtung, das  Gütezeichen "Q" zu  erreichen und damit das hohe Niveau des  neuen Produktes zu unterstreichen

  • Arbeiten zur Einführung neuer Prinzipien der Stromversorgung - von Schaltnetzteilen- mit dem Ziel, die Energieaufnahme der entwickelten Geräte durch Erhöhung des Wirkungsgrades, den Materialeinsatz und das Bauvolumen wesentlich zu senken.

  • Weiterführung der bewährten Zusammenarbeit mit der UdSSR auf dem  Gebiet der hauptspeicherresidenten  Betriebssysteme OC-EC.Schwerpunkt war dabei die direkte gemeinsame Entwicklung des Betriebssystems für die  "ESER- Reihe 2 ",  wozu  ein Lizenzvertrag mit der UdSSR abgeschlossen wurde.

  • Vorfristige Bereitstellung des ersten Musters des Nachrichtenvermittlungsrechners NEWA zur Abnahme durch Spezialisten der UdSSR zum Aufbau des ersten  rechnergesteuerten Nachrichten-Vermittlungssystems in der UdSSR

 

 

 

Die im Juni 1977 durchgeführte 6. Tagung des Zentralkomitees der SED formulierte:

"Der Elektrotechnik und Elektronik ist, ausgehend von ihrer Schlüsselrolle für die Verwirklichung der wirtschaftspolitischen Ziele, der hohe gesellschaftliche Auftrag erteilt, auf der Grundlage des wissenschaftlich-technischen Fortschritts einen hohen Beitrag zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ..

Zwecks Beschleunigung des Nutzungsbeginns  der ersten DDR- Mikroprozessoren  wurde im Fachgebiet [damals "zusätzlich"] die Entwicklung des Mikrorechners "K 1520" ab Entwicklungsstufe K 2 übernommen und  weitergeführt, damit Kleinrechner größere Kapazität für die Entwicklung moderner Produkte im Kombinat und darüber hinaus eingesetzt werden konnte.

Auf der Grundlage der Anwendung von Mikroprozessoren wurden modernisierte Ausführungen von Steuergeräten des Bildschirmsystems "EC 7920" in den Plan aufgenommen. Im Rahmen der DEKK- Konzeption wurden Arbeiten für Bildschirmanzeigebaugruppen und ein einheitliches Gefäßsystem in Angriff genommen.Wesentliche Voraussetzung zur Aufnahme dieser Arbeiten war die weitere Rationalisierung der eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, insbesondere durch Einsatz moderner rechentechnischer Mittel und Verfahren, aber auch durch eine effektive Gestaltung der Betriebs- und Fertigungsdokumentation sowie des im Entwicklungsablauf erforderlichen Prüf- und Testprozesses.

1977 wurde auch die Leitungsorganisation im Industriezweig auf die  neuen Bedingungen und Verflechtungen vorbereitet. Wie bereits bei der Gründung der Kombinate Robotron und Zentronik vorgesehen, wurden beide Kombinate ab 1. 1. 1978 als Großkombinat Robotron mit 67.000 Mitarbeitern unter einheitlicher Leitung zusammenzuschließen.

Die "EC 1055" konnte erfolgreich zur Leipziger Frühjahrsmesse 1978 und zur Rechentechnik-Ausstellung im Juni/Juli 1979 in Moskau- einschließlich eines modernen Betriebssystems des ESER- Reihe 2 - vorgestellt werden. Mit der Leistungsstufe K 5 wiesen die Entwicklungskollektive das Erreichen der neuen Gebrauchseigenschaften und der ökonomischen Zielparameter, wie sie im Pflichtenheft und in den Wettbewerbsverpflichtungen formuliert waren, nach.

Der Mikrorechner "K 1520" wurde termin- und qualitätsgerecht entwickelt. Das hatte große Bedeutung für das Betriebskollektiv des VEB NUMERIK "Karl-Marx", weil dadurch Voraussetzungen für das Erfüllen ihres Staatsauftrages, die freiprogrammierbare numerische Steuerung CNC 600 zu entwickeln, geschaffen wurden. Eine ähnliche Bedeutung hatte dieser Mikrorechner auch für eine Reihe von Neuentwicklungen in Betrieben unseres Kombinates und weiterer Kombinate der DDR.

Die Regierung der DDR  würdigte diese hohen wissenschaftlich-technischen Leistungen der Arbeiter und Wissenschaftler mit der Verleihung des Nationalpreises II. Klasse für Wissenschaft und Technik für das Entwicklungskollektiv "EC 1055" sowie mit der Auszeichnung der Entwicklungskollektive OC/EC und "K 1520" mit dem Orden "Banner der Arbeit" Stufe I.

Des Weiteren wurden für ihre vorbildlichen Leistungen als "Verdienter Aktivist" ausgezeichnet: Lothar Faßmann,  Wilhelm Markmann und Manfred Röger.

Die Leistungsentwicklung der Volkswirtschaft und unseres Kombinates hatte die Bedingungen erwirtschaftet, um neue Grundlöhne für die Produktionsarbeiter und leistungsabhängige Gehälter für Hoch- und Fachschulkader einzuführen. Diese Maßnahmen wurden in unserem Fachgebiet   in   den   Jahren   1979   und 1980 wirksam, wodurch unsere Mitarbeiter durch ihren Leistungszuwachs pro Jahr insgesamt 1,5 Millionen Mark mehr Lohn  bzw. Gehalt erhielten [d.h. ca. 1000 Mark / Mitarbeiter und Jahr ].

 

 

Bemerkungen zur Zeit 1980-1990

Der Plan Wissenschaft und Technik für 1980 spiegelten weitere hohe Aufgaben wider: Entwicklungskollektive, wie EC 2655 M, NEWA 1 M, Entwurf, Betriebssystementwicklung, Bildschirmgeräte oder Technologie erhielten hohe Vorgaben...

Hier endet die gedruckte E2- Chronik .Eine annähernd vergleichbare Zusammenstellung der Entwicklung des Fachgebietes ab 1980 existiert nicht . Auch ab 1980 wurden mit den Erzeugnissen EC 1055M, EC 1056, EC 1057, neuen ESER- Betriebssystem- Ausgaben und Modifikationen, Newa 1M, vielen Terminals, Monitorbaureihen, Personalcomputern usw. und nicht zuletzt mit umfassenden Vorbereitungsarbeiten auf das ESER-Reihe 3 bzw. 4 mit einer neuen Generation EC 1150 auf Basis von CMOS- Gate- Array- SK extrem anspruchvolle Aufgaben bearbeitet und wichtige Ergebnisse mit hoher Effektivität produziert und exportiert.

Das international extrem schnelle Wachstum von Mikroelektronik- Technologien führte in der DDR zu einer Verlagerung der Investitionskraft auf Gebiete, die für ESER- Mainframes zunächst in der funktions- und leistungsbestimmenden Verarbeitungseinheit nicht verwertbar waren und erst nach einer absehbaren empfindlichen technologischen Lücke ab ca. 1991/92 wieder für Mainframes planmäßig nutzbar werden sollten.Die gleiche "technologische Krise" bestand in z. Teil wesentlich extremerer Form bei der Mainframe - Linie der UdSSR.

Mit  der WEB-Site http://eser-ddr.de/RechentechnikderDDRimESER.htm  soll daher ein

Gesamtbild des ESER- Beitrages der DDR bis 1990 und der Leistungen der Beteiligten

gezeichnet werden.

 gez.: Georg Jungnickel

[überarbeitet im Frühjahr 2009] 

 Abkürzungserklärungen

ASM 18

Zusatzgerät für Lochkartenmaschinen für die Addition, Sub­traktion, Multiplikation max. 18 Ergebnisstellen. (Elektronen­röhren)

Bildschirmsystem R 300 ESER

Gerätesteuereinheit für den Anschluß von mehreren Bild­schirmsteuereinheiten an die R 300 mit Tastatur und Bild­schirm für eine Informationsdarstellung mit 64 Zeichen/Zeila und 16 Zeilen, später mit Standardanschluß für ESER-Anla­gen. (Mikromodulbaureihe KME 3)

DEKK

Datenerfassung, Kommunikation und Kleinrechner - ein Er­zeugnisprogramm des VEB Kombinat Robotron, das auf die Erfordernisse der dezentralen Datenverarbeitung orientiert ist.

DEP/DZA

Bis zu 15 Datenendplätze (DEP) können an die dezentrale Abfrageeinheit (DZA) angeschlossen werden. Sie ermög­licht die Verbindung mit elektronischen Datenverarbeitungs­anlagen direkt oder über Datenfernübertragung. Die DEP können mit Register-Ausweisleser, Voll- und/oder alpha­numerischer Tastatur, Meßwertabfrage und verschiedenen Druckwerken ausgerüstet werden.

EC

Sprich "e - es" - Abkürzung für den russischsprachigen Be­griff "Einheitliches System" für die Kennzeichnung von Er­zeugnissen des ESER.

EC 2640

Zentraleinheit des Modells EC 1040, eine elektronische Da­tenverarbeitungsanlage der Reihe 1 des ESER. 380.000 Operationen/s, Mikroprogrammspeicher 3 kWorte, Ferrit­kernspeicher 1024 kBytes, Bytemultiplexkanal, max. 6 Selek-torkanäle. (TTL-Schaltkreise)

EC 2655

Zentraleinheit des Modells EC 1055, eine elektronische Da­tenverarbeitungsanlage der Reihe 2 des ESER. 450.000 Ope­rationen/s, Mikroprogrammspeicher 8 kWorte, MOS-Halb-leiterspeicher, max. 2048 kBytes, max. zwei Bytemultiplexka-näle und max. 4 Blockmultiplexkanäle. (TTL-Schaltkreise, MOS-Speicherschaltkreise)

EC 7069

Bedieneinheit für die EC 2655 sowie für den Anschluß an andere ESER-Zentraleinheiten zur Kommunikation zwischen Bediener und Rechenanlage, Eingabe über Tastatur, Aus­gabe über Bildschirm und/oder Seriendruckwerk. (TTL-Schalt­kreise)

EC 7073

Abfrageeinheit für den Anschluß an ESER-Zentraleinheiten für die Kommunikation zwischen Bediener und Programm­system, Ein- und Ausgabe über Schreibmaschine. (Mikro­modulbaureihe KME 3)

EC 7602

Mikrofilmausgabegerät für den Anschluß an ESER-Zentral­einheiten. Ausgabe von Informationen auf Mikrofiche (Mi-kroplanfilm) durch Katodenstrahlröhre in der Mikroficheka-mera. Entwicklung des Mikrofiches außerhalb des Gerätes. (TTL-Schaltkreise)

EC 7902

Lochbandstation für den Anschluß an ESER-Zentraleinheiten. Eingabe: ein oder zwei Lochbandleser mit 1000 Zeichen/s. Ausgabe: ein Lochbandstanzer mit 110 Zeichen/s. (Mikro­modulbaureihe KME 3)

EC 7920

Bildschirmsystem des ESER, bestehend aus Gruppensteuer­einheit für Nahanschluß EC 7922 bzw. Fernanschluß EC 7921 und den Bildschirmgeräten EC 7927 für eine Darstellung der Information mit 80 Zeichen/Zeile und 24 Zeilen sowie einem Seriendruckwerk EC 7934. (TTL-Schaltkreise und Mikropro­zessor-Schaltkreise)

EMSDEA

Einheitliches Maschinensystem der Datenerfassung und -aufbereitung.

ES 24

Elektronensaldierer für zwei voneinander unabhängige 12stellige Werte für den Anschluß an Lochkarten-Sortierma­schinen.  (Elektronenröhren)

ESER

Einheitliches System elektronischer Rechenmaschinen - programmtechnische und gerätetechnische Mittel der Rechentechnik, die in internationaler Zusammenarbeit sozialistischer Länder entwickelt und produziert werden.

EZE

Einheitliche Zentraleinheit für Geräte des einheitlichen Maschinensystems der Datenerfassung und -aufbereitung (EMSDEA). Mikroprogrammspeicher 512/1024 Bytes, Ferrit­kernoperativspeicher bis 1024 Worte a 64 Bit. (MOS-Schalt-kreise)

IBM

International Business Machines Corporation - bedeutendster US-amerikanischer Konzern für die Herstellung von Mitteln der Rechentechnik.

K 1520

Modular aufgebautes Mikrorechnersystem, bestehend aus einem Sortiment von aufeinander abgestimmten Baugruppen und Systemunterlagen, die entsprechend den zu lösenden Aufgaben zu Anwenderkonfigurationen zusammengestellt werden  können.  (Mikroprozessor-Schaltkreise)

MRK

Mehrseitige Regierungskommission - in der bevollmächtigte Vertreter der Regierungen der beteiligten Länder vertreten sind.

NEWA

Bezeichnung für ein hochzuverlässiges Rechnersystem für die Steuerung des Telefonvermittlungsprozesses in Fernamtzentralen der UdSSR. Bestandteil des "Einheitlichen Systems der elektronischen Nachrichtentechnik" (ESEN).

OBL

Optischer Belegleser - liest und sortiert Belege unterschiedlicher Größe, die mit einer visuell und maschinell lesbaren Schriftart  bedruckt sind.

PRL

Programmgesteuerter Rechner für Lochkartenanlagen; Ein-und Ausgabe auf Datenträger Lochkarte; Kontroll- und Li­stenausdruck über Schreibmaschine; Programmierung auf Stecktafel. (Elektronenröhren)

PSI

Prüfgerät für Standard Interface - damit ist die Überprü­fung des im ESER standardisierten Anschlusses der Zentraleinheit für die peripheren Geräte möglich.

PÜF

Prüfgerät zur Übertragung maximaler Frequenzen - damit ist die Überprüfung der maximalen Datenübertragungsgeschwindigkeit möglich, die eine Zentraleinheit des ESER von den externen Geräten her ermöglicht.

PVR - SER 2a

Programmgesteuerter Vierspeziesrechner mit Magnettrommelspeicher für 63 Datenworte und 189 Befehle; Ein- und Ausgabe über Schreibmaschine bzw. Lochstreifengeräte. (Transistoren)

R 12/R 16S

Multipliziergerät für 6x6/8x8 Stellen als Zusatz für Buchungs­automaten der Klasse 190 bzw. 900. Anschluß bis zu 3 Bu­chungsautomaten an ein Multipliziergerät. (Elektronenröhren)

ZE R 21

Zentraleinheit der elektronischen Datenverarbeitungsanlage Robotron 21. Ferritkernspeicher max. 64 kBytes, ca. 25.000 Operationen/s, ein Byte-Multiplexkanal und max. zwei Selektorkanäle mit ESER-Standardanschluß. (Mikromodul-baureihe KME 3)

R 100

Programmgesteuerter Rechner für Lochkartenanlagen mit Magnettrommelspeicher für 940 Worte, ca. 1000 Operatio­nen/s, Ein- und Ausgabe über ein dafür entwickeltes Loch­kartengerät mit einer Lesebahn und einer Stanzbahn; An­schluß einer Kontrollschreibmaschine. (Transistoren - 100 kHz-Baureihe)

R 300

Elektronische Datenverarbeitungsanlage, bestehend aus Zen­traleinheit mit ca. 3000 Operationen/s, Ferritkernspeicher 40.000 Zeichen, Bedienpult, Kontrollschreibmaschine, Loch­band-Ein/Ausgabe; Lochkarten-Ein/Ausgabe über neuent­wickelte Lese-Stanzeinheit und Anschluß für Paralleldrucker, Magnetbandspeicher und Ferritkern- bzw. Magnettrommel-Zusatzspeicher.   (Transistoren - 150 kHz-Baureihe)

RCK- ESER

Rat der Chefkonstrukteure -

Arbeitsorgan der MRK für das ESER, dessen Aufgabe die Gewährleistung einer einheitlichen technischen Politik bei der Entwicklung der programmtechnischen und gerätetechni­schen Mittel des ESER ist. Jedes der am ESER beteiligten Länder ist gleichberechtigt mit einem Chefkonstrukteur im RCK vertreten.

Den Vorsitz führt der Generalkonstrukteur, er ist der MRK rechenschaftspflichtig.

STEP

Steckeinheitenprüfgerät - für die lochbandgesteuerte auto­matisierte Prüfung bestückter Leiterplatten.

TM 20

Transistor-Multipliziergerät für 10x10 Stellen als Zusatz für Buchungsautomaten. (Transistoren - 25 kHz Modulbaureihe)

TS 36

Transistor-Saldenvortrag für 36 Stellen als Zusatz für Bu­chungsautomaten; Ein- und Ausgabe der Daten mittels ka­schiertem Magnetitstreifen der Kontokarte. (Transistoren -25 kHz Modulbaureihe)

WTZ

Wissenschaftlich-Technisches Zentrum

 

Anmerkungen/ Fußnoten

GJ Die Darstellungen dieses Materials entsprechen einem stark subjektivem Verständnis einiger Parteifunktionäre jener Zeit im Betrieb. Ab Beginn der 80er- mit personeller Änderung der staatl. Leitung- änderte sich dieser Stil in Karl-Marx- Stadt wesentlich, die Unternehmensleitung ging wieder in die Hand der staatlichen Leitung über.

 

GJ3 in der zugrundeliegenden E2- Chronik  istder Zeitraum bis 1979 betrachtet .

GJ 4 Die EDVA Robotron R21 war im Sinne der Nomenklatur keine ESER- Anlage. Hauptgrund dafür war, dass wichtige Forderungen der "Allgemeinen technischen Aufgabenstellung für EDVA des ESER", wie Basiskonstruktion , Bauelemente- Basis u.a. wegen der zeitlichen Überschneidungen  nicht eingehalten waren. Die KME3 -Technik war darüberhinaus nicht qualitätsgerecht und wäre kein guter Start der DDR in das ESER gewesen. 

GJ 5 Die Interessen von Control-Data als leistungsfähiger Plattenspeicher- Produzent war natürlich auf eine Exporterlaubnis für ihre Technik gerichtet. Zum Zeitpunkt der Präsentation der EC 2640 waren  TTL-SK niederer und mittlerer Integration auch in der Mainframewelt der USA noch "state of the art", der Rückstand der DDR- Technologie war noch relativ gering und  das Halbleiterwerk Frankfurt/ Oder produzierte Spitzenqualität. ..

GJ 6 Die ursprüngliche Darstellung in der E2- Chronik enthält offenbar einen Termin-Fehler.  Der Prozess der verflochtenen und parallel erfolgenden zweiseitigen Arbeit nach dem zweiseitigem Spezisalisierungsabkommen UdSSR/ DDR vom 22.12.1968  und der Vorbereitung der Grundlagen des mehrseitigen Spezialisierungsabkommens (MRK- Abkommen ) vom 23.12.1969 ist ausführlich im Interview zum Start des ESER mit Dr. M. Günther beschrieben.